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Monitor liefert neue Daten für verschiedene Haushalte: 8,8 Prozent Inflationsrate: Familien mit niedrigem Einkommen weiter am stärksten belastet – Energiepreisbremsen gegen soziale Spreizung

20.09.2022

Familien mit niedrigem Einkommen tragen aktuell weiter die höchste Inflationsbelastung, Alleinlebende mit hohem Einkommen die geringste: Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben sind die Preise im August 2022 um 8,8 Prozent bzw. um 6,7 Prozent gestiegen, während der Wert über alle Haushalte hinweg bei 7,9 Prozent lag. Der Abstand hat sich im Vergleich zum Juli wieder leicht vergrößert. Das liegt daran, dass die größten Preistreiber – Haushaltsenergie und Lebensmittel – bei den Einkäufen von Haushalten mit niedrigen bis mittleren Einkommen einen größeren Anteil ausmachen als bei wohlhabenden. Auch Alleinerziehende, Familien und kinderlose Paare mit jeweils mittleren Einkommen hatten mit 8,5 Prozent, 8,4 Prozent bzw. 8,2 Prozent überdurchschnittliche Teuerungsraten zu tragen, während Familien mit höheren Einkommen bei 7,9 Prozent genau im Mittel lagen. Das ergibt der IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen liefert.

Besonders ausgeprägt fiel der Anstieg der haushaltsspezifischen Inflationsrate gegenüber Juli für Alleinlebende mit niedrigen Einkommen aus: Ihr Warenkorb verteuerte sich im August um 8,3 Prozent, nach 7,7 Prozent im Vormonat. Ohne die im August noch wirksame Preisdämpfung durch das 9-Euro-Ticket wären ärmere Singles sogar erstmals die Haushaltsgruppe mit der höchsten Preissteigerung gewesen. Alleinlebende mit mittleren bzw. höheren Einkommen lagen mit Raten von 8,0 und 7,7 Prozent im August leicht ober- bzw. unterhalb der allgemeinen Preissteigerung. Für den Herbst sind neue Preisschübe absehbar, insbesondere beim Gas. Ob die soziale Spreizung bei den haushaltsspezifischen Inflationsraten dann weiter zunimmt, hängt nach Einschätzung von IMK-Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien und Inflationsexpertin Dr. Silke Tober stark davon ab, ob wirksame Energiepreisbremsen eingeführt werden, oder nicht.

In Folge des Ukrainekriegs und von weiterhin durch die Corona-Pandemie angespannten Lieferketten erreichte die Teuerungsrate für alle Haushalte im August wieder den bisherigen Höchststand vom Mai. Dabei sind die Unterschiede je nach Haushaltskonstellation und Einkommen sozial hoch problematisch, zeigt der IMK Inflationsmonitor: Mit 2,1 Prozentpunkten zwischen ärmeren Familien und wohlhabenden Alleinlebenden war die Differenz im August wieder leicht größer als im Juli, nachdem sie zuvor etwas gesunken war. Bei Familien mit zwei Kindern und niedrigem Einkommen schlugen die besonders stark anziehenden Komponenten Haushaltsenergie und Lebensmittel mit 5,8 Prozentpunkten auf die haushaltsspezifische Inflationsrate von 8,8 Prozent durch, bei einkommensschwachen Alleinlebenden machten sie sogar 7,1 Prozentpunkte der 8,3 Prozent spezifische Teuerung aus. Bei einkommensstarken Alleinstehenden entfielen darauf hingegen 2,9 Prozentpunkte von insgesamt 6,7 Prozent. Bei diesen Haushalten sorgten im August dagegen die im Vorjahresvergleich ebenfalls erheblichen Preisanstiege bei Pauschalreisen, beim Autokauf, für Wohnungsinstandhaltung oder Kraftstoff für höhere Ausgaben – Positionen, die zum Teil auch für kinderlose Paare oder einkommensstarke Familien relevant waren.

„Die haushaltsspezifischen Inflationsraten zeigen, dass Haushalte mit geringeren Einkommen durch den Preisanstieg bei Haushaltsenergie überproportional belastet sind und sich hier auch die Verteuerung der Nahrungsmittel stärker niederschlägt“, schreiben Dullien und Tober. Dieser Trend könnte sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen, da bisher noch nicht alle Preissteigerungen von Haushaltsenergie im Großhandel an die Privathaushalte weitergegeben wurden. Weiter verstärkt werde der Preisanstieg durch die ab Oktober eingeführten Gasumlagen, die durch die Mehrwertsteuersenkung auf Gas nur gedämpft, aber nicht kompensiert werden. So dürften die Verbraucherpreise für Erdgas allein durch die Kombination beider Maßnahmen um gut 15 Prozent steigen. Das werde im Oktober einen zusätzlichen Anstieg der allgemeinen Inflationsrate um 0,35 Prozentpunkte verursachen – und Menschen mit niedrigeren Einkommen proportional stärker belasten. Zudem haben Haushalte mit niedrigem Einkommen grundsätzlich ein besonderes Problem mit starker Teuerung, erinnern Dullien und Tober. Denn die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, sind kaum zu ersetzen. Zudem besitzen diese Haushalte kaum Spielräume, ihr Konsumniveau durch Rückgriff auf Erspartes aufrecht zu erhalten.

Die von der Bundesregierung in den Entlastungspaketen I und II beschlossenen und für das Entlastungspaket III angekündigten Maßnahmen „gehen weitgehend in die richtige Richtung“, konstatieren Tober und Dullien. Positiv heben die Forschenden die Energiepreispauschale hervor, die in diesem Monat an Erwerbstätige und im Dezember unter anderem an Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt wird. Ebenfalls positiv bewerten sie die angekündigte Preisbremse für Strom und die „Aussicht auf einen Gaspreisdeckel“. Für die Frage, wie sich die Inflation in den kommenden Monaten unter sozialen Aspekten entwickeln wird, sei es äußerst wichtig, dass diese beiden Instrumente genutzt und wirksam ausgestaltet werden.

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich.

Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Weitere Informationen:

Sebastian Dullien, Silke Tober: IMK Inflationsmonitor – Einkommensschwache Alleinlebende am stärksten von den massiven Preisanstiegen bei Haushaltsenergie und Nahrungsmitteln betroffen. IMK Policy Brief Nr. 133, September 2022.

Die Pressemitteilung mit Abbildung (pdf).

Kontakt:

Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik

Prof. Dr. Sebastian Dullien
Wissenschaftlicher Direktor IMK

Rainer Jung
Leiter Pressestelle

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