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Jahreszahl 2022 aus Euroscheinen. Year 2022 from euro notes. Pressemitteilungen

Neue Konjunkturprognose: IMK: Deutsche Wirtschaft wächst um 2,6 Prozent 2021 und um 4,5 Prozent 2022

21.12.2021

Lieferengpässe und die vierte Corona-Welle bremsen die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten noch stark, über das Winterhalbjahr wird die konjunkturelle Entwicklung stagnieren. Doch ab dem zweiten Quartal kommenden Jahres folgt auf die Winterpause ein kräftiges Wachstum. Unter dem Strich nimmt das deutsche BIP im Jahresdurchschnitt 2021 um 2,6 Prozent zu, 2022 steigt die Wirtschaftsleistung um 4,5 Prozent. Davon geht das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in seiner neuen Konjunkturprognose aus. Treibende Kraft des kräftigen Wirtschaftswachstums wird der private Konsum. Die Arbeitslosenquote sinkt 2021 leicht auf durchschnittlich 5,7 Prozent. 2022 geht die Arbeitslosigkeit dann deutlicher zurück, die Quote wird im Jahresdurchschnitt bei 5,1 Prozent liegen. Die Inflation sinkt 2022 ebenfalls: Nach 3,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 wird die Teuerungsrate im kommenden Jahr durchschnittlich 2,6 Prozent im Jahresmittel betragen. Dabei zeigt sich eine Zweiteilung: Bis zur Jahresmitte bleibt die Preissteigerung spürbar über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB), danach sinkt sie wieder darunter.

Gegenüber ihrer letzten Prognose vom September halten die Ökonominnen und Ökonomen des IMK ihre Wachstumserwartung für 2021 unverändert. Für 2022 senken sie sie um 0,6 Prozentpunkte ab. Grund dafür sind vor allem die erneuten Kontaktbeschränkungen zur Abwehr der vierten Corona-Welle. Das IMK geht aber trotz der zusätzlichen Unsicherheiten nach Auftreten der Omikron-Variante im Prognoseszenario davon aus, dass diese Einschränkungen im Laufe des Frühjahrs 2022 auslaufen werden und sich der Konsum dann kräftig erholt. Zudem rechnen die Fachleute damit, dass sich die Lieferengpässe Schritt für Schritt entspannen werden.  

„Der deutschen Wirtschaft steht wegen der neuen Kontaktbeschränkungen und der Konsumzurückhaltung durch die neue Covid-Welle sowie der anhaltenden internationalen Lieferengpässe ein schwieriges Winterhalbjahr bevor, in dem das Bruttoinlandsprodukt stagniert oder sogar leicht schrumpfen könnte. Deshalb ist es wichtig, dass die Politik die beschäftigungssichernden Regelungen zum erleichterten Zugang und den verlängerten Bezug von Kurzarbeitsgeld nochmals bis zum Frühjahr 2022 verlängert hat, um die gute Arbeitsmarktentwicklung nicht zu gefährden“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Sobald die aktuelle Infektionswelle aber wieder unter Kontrolle ist, ist mit einer kräftigen Fortsetzung der Erholung zu rechnen, weil es viel aufgestaute Konsumnachfrage gibt und gleichzeitig die Industrie volle Auftragsbücher hat, die zuletzt wegen des Halbleitermangels nicht abgearbeitet werden konnten.“ Schließlich haben die deutschen Privathaushalte nach IMK-Schätzung in den Corona-Jahren 2020 und 2021 rund 180 Milliarden Euro zusätzlich gespart. Maßgebliche Indizes zum Auftragsbestand wie der Order-Capacity-Index der Deutschen Bundesbank weisen die höchsten Werte seit Beginn der Statistik aus. Und die Weltwirtschaft dürfte im kommenden Jahr um 4,7 Prozent wachsen.

„Alle klassischen Zutaten für ein starkes Konjunkturjahr 2022 sind also gegeben“, sagt Dullien. „Aber natürlich leben und wirtschaften wir weiterhin in einer Situation erhöhter Unsicherheit. Größtes Risiko ist die Omikron-Variante. Sollte sie drastische Infektionswellen auslösen und sollten die internationalen Lieferketten erneut reißen, wäre das aktuell realistischste Szenario des kräftigen Aufschwungs in Frage gestellt und wahrscheinlich erneut massives wirtschaftspolitisches Krisenmanagement gefragt.“ Als zusätzliches relevantes Risiko nennt das IMK eine Eskalation im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.   

Kerndaten der Prognose für 2021 und 2022

Arbeitsmarkt
Eine nachhaltige positive Trendwende am Arbeitsmarkt hat nach Analyse des IMK zur Jahresmitte 2021 eingesetzt. In der Statistik schlägt sich das allerdings mit einer gewissen Verzögerung nieder, so dass die Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt 2021 stagniert. Im kommenden Jahr wächst die Zahl der Erwerbstätigen dann deutlich um rund 400.000 bzw. 0,9 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten steigt noch etwas stärker, während die der Selbständigen weiter etwas sinkt. Auch die Arbeitszeit je Erwerbstätigen nimmt 2022 im Mittel deutlich zu, ebenso die Stundenproduktivität.

Bei den Arbeitslosenzahlen erwartet das IMK im Jahresdurchschnitt 2021 eine leichte Entspannung. Die Zahl der Arbeitslosen sinkt um etwa 80.000 Personen, so dass im Jahresmittel rund 2,62 Millionen Menschen arbeitslos sein werden. Das entspricht einer Quote von 5,7 Prozent nach 5,9 Prozent 2020. Für 2022 erwartet das IMK dann einen spürbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit um rund 290.000 Personen auf knapp 2,33 Millionen im Jahresdurchschnitt. Die Arbeitslosenquote sinkt auf 5,1 Prozent und liegt nur noch geringfügig über dem Vorkrisenniveau.

Außenhandel
Auch die meisten wichtigen Handelspartner erleben 2021 und 2022 eine wirtschaftliche Erholung. Die Weltwirtschaft insgesamt, die im Jahresmittel 2020 um 3,1 Prozent eingebrochen war, wächst in diesem Jahr kräftig um 5,9 Prozent und im kommenden Jahr um 4,7 Prozent. Angetrieben wird die Erholung unter anderem vom robusten Wachstum in China und in den USA, wo das BIP in diesem Jahr um 5,5 Prozent zulegt. Für 2022 prognostiziert das IMK ein US-Wachstum um 4,4 Prozent. Auch die wirtschaftliche Erholung in den meisten Euroländern kommt voran. Die Wirtschaft im Euroraum wird dieses Jahr um durchschnittlich 5,1 Prozent wachsen, 2022 um 4,6 Prozent.

Durch die weltwirtschaftliche Erholung wachsen die deutschen Ausfuhren in diesem Jahr deutlich – auch wenn die Engpässe bei Rohstoffen, Vorprodukten und Transportkapazitäten die Produktion bremsen und ein Teil der Exporte aus Lagerbeständen erfolgt. Das IMK rechnet für 2021 mit einem Wachstum der Exporte um 7,1 Prozent im Jahresdurchschnitt. Die Importe legen um 7,2 Prozent im Jahresdurchschnitt zu. Im Jahresmittel 2022 bleibt die Exportentwicklung mit einem Plus von 4,6 Prozent recht dynamisch, aufgrund der sehr stark wachsenden Binnennachfrage nehmen die Importe deutlich kräftiger um 6,9 Prozent zu. Dadurch verringert sich der nach wie vor große Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz etwas.

Investitionen
Auch bei den Ausrüstungsinvestitionen wirken sich Lieferengpässe bis ins kommende Jahr hinein aus, trotzdem ergeben sich spürbare Zuwächse. Für 2021 rechnen die Konjunkturexperten mit einer Zunahme um 3,6 Prozent im Jahresmittel, 2022 um 4,3 Prozent. Die Bauinvestitionen zeigen ebenfalls nach oben. Treibende Kraft ist der Wohnungsbau, zudem kommt auch der Wirtschaftsbau wieder in Gang, die öffentlichen Bauinvestitionen erhalten Impulse durch geplante Maßnahmen zur Modernisierung der Infrastruktur. Im Jahresmittel 2021 nehmen die Bauinvestitionen um 1,7 Prozent zu, 2022 beschleunigt sich das Wachstum auf 4,0 Prozent.

Einkommen und Konsum
Die nominalen verfügbaren Einkommen legen in diesem Jahr moderat und im kommenden Jahr kräftig zu, weil die durchschnittlichen Arbeitszeiten durch Rückgang der Kurzarbeit wieder länger werden, die Beschäftigung wächst und die Bruttolöhne und -gehälter etwas kräftiger steigen. Allerdings sorgt in diesem Jahr die relativ hohe Preissteigerung für einen Rückgang der realen verfügbaren Einkommen, während sie 2022 inflationsbereinigt wieder zulegen dürften. Die realen privaten Konsumausgaben steigen im Jahresdurchschnitt 2021 um lediglich 0,2 Prozent, wozu auch pandemiebedingte Einschränkungen beitragen, so dass die Sparquote nur leicht auf 15,1 Prozent sinkt. Für das kommende Jahr prognostiziert das IMK dann bei deutlich auf 10,1 Prozent sinkender Sparquote einen Sprung der privaten Konsumausgaben um real 8,0 Prozent im Jahresmittel. Dementsprechend ergibt sich 2021 aus dem Privatkonsum nur ein geringer Beitrag zum BIP-Wachstum von 0,1 Prozentpunkten. 2022 tragen die privaten Einkäufe dagegen sehr kräftig mit 4,1 Prozentpunkten zum Wachstum bei.

Inflation und öffentliche Finanzen
Durch die wieder erwachte Nachfrage sind die Preise kräftig gestiegen, insbesondere jene für Energie. Hinzu kamen als Sonderfaktoren die Rückkehr zu den alten Mehrwertsteuersätzen, Liefer- und Transportengpässe sowie die neue CO2-Abgabe, die die Inflation verstärken. Daher beschleunigt sich die Zunahme der Verbraucherpreise nach den 2020 extrem niedrigen Werten 2021 jahresdurchschnittlich spürbar auf 3,1 Prozent. 2022 geht die Teuerungsrate auf 2,6 Prozent im Jahresmittel zurück.

Da der Staat zur Krisenbekämpfung weiterhin sehr viel Geld einsetzt, Anfang 2021 der Solidaritätszuschlag für die meisten Steuerzahlenden abgeschafft und einige andere Steuern sowie die EEG-Umlage gesenkt wurden und sich die Einnahmen generell erst langsam erholen, ergibt sich 2021 ein Budgetdefizit von 4,1 Prozent des BIP. Im kommenden Jahr wird sich die erwartete konjunkturelle Belebung dann stärker positiv auf die öffentlichen Haushalte auswirken, zudem wirkt die Fiskalpolitik weniger expansiv. Das IMK veranschlagt in seiner Prognose das gesamtstaatliche Defizit für 2022 auf 2,2 Prozent des BIP. Allerdings sind darin von der neuen Bundesregierung angekündigte zusätzliche Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung oder Ausgaben für Sozialreformen wie das Bürgergeld noch nicht enthalten, weil diese bislang nicht ausreichend konkret sind. Die Ökonominnen und Ökonomen gehen daher davon aus, „dass der Rückgang des Defizits infolge zusätzlicher Ausgaben eher geringer ausfällt als hier prognostiziert.“   

Weitere Informationen: 

Sebastian Dullien, Alexander Herzog-Stein, Peter Hohlfeld, Katja Rietzler, Sabine Stephan, Silke Tober, Sebastian Watzka: Auf Winterpause folgt kräftiges Wachstum. Die konjunkturelle Lage in Deutschland zur Jahreswende 2021/2022. IMK Report Nr. 172, Dezember 2021.

Die Pressemitteilung mit Tabelle

Kernergebnisse der Prognose im Audio-Statement von IMK-Forscher Peter Hohlfeld

Kontakt:

Prof. Dr. Sebastian Dullien
Wissenschaftlicher Direktor IMK
  
Peter Hohlfeld
IMK-Konjunkturexperte

Rainer Jung
Leiter Pressestelle

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