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Symbolbild Inflation: Buchstabenwürfel auf einem Taschenrechner zeigen das Wort Inflation an - Inflationsmonitor Pressemitteilungen

Neue Daten des IMK Inflationsmonitors: Ärmere Alleinlebende haben weiter überdurchschnittliche Inflationsrate, aber Unterschiede etwas kleiner

13.07.2023

Gegen den Trend in anderen großen Euroländern ist die Inflationsrate in Deutschland im Juni wieder leicht gestiegen, auf nun 6,4 Prozent. Das beruht auf dem Sondereffekt, dass im Juni 2022 das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt in Kraft traten und über drei Monate die Preisentwicklung dämpften. Deutlich überdurchschnittlich von der Teuerung belastet sind weiterhin Alleinlebende mit niedrigen Einkommen. Sie hatten im Juni 2023 eine Inflationsrate von 7,0 Prozent zu tragen, die höchste im Vergleich verschiedener Haushaltstypen. Dagegen verzeichneten Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen eine Teuerungsrate von 5,7 Prozent – und wie schon seit Anfang 2022 die niedrigste haushaltsspezifische Belastung. Die soziale Spreizung bei der Inflation betrug damit 1,3 Prozentpunkte, nachdem es im Mai 1,5 Prozentpunkte waren. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.

Ärmere Haushalte sind besonders stark durch die Inflation belastet, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese Güter des Grundbedarfs sind nach wie vor die stärksten Preistreiber. Im Vergleich der letzten Monate hat die Preisdynamik dort aber nachgelassen, während Posten wie Pauschalreisen, Gaststättenbesuche oder Versicherungen die allgemeine Inflation etwas stärker beeinflussen. Solche Ausgaben fallen in den Warenkörben von Haushalten mit mittleren und höheren Einkommen stärker ins Gewicht. Deshalb sind die einkommensspezifischen Differenzen rückläufig und spürbar niedriger als auf dem Höhepunkt im Oktober 2022, als es 3,1 Prozentpunkte waren. 

Die IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und IMK-Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien analysieren mit dem Monitor seit Anfang 2022 jeden Monat die Trends der Inflation und berechnen spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Personenzahl und Einkommen unterscheiden.

Erstmals seit Beginn der Untersuchung verzeichneten im Juni Familien mit niedrigen Einkommen keine höhere Inflationsrate als der Durchschnitt aller Haushalte – beide Werte stiegen leicht auf 6,4 Prozent. Dagegen hatten ärmere Familien zwischen Februar 2022 und Februar 2023 durchgehend die höchste Inflationsbelastung tragen müssen, in den ersten beiden Monaten 2023 zusammen mit einkommensarmen Alleinlebenden. Dass die ärmeren Familien nun nicht mehr hervorstechen, beruht auf rückläufigen Kraftstoffpreisen. Diese schlagen sich rechnerisch im Ausgabenportfolio von Familien spürbar nieder. Arme Alleinstehende besitzen hingegen selten ein Auto, weshalb ihre Inflationsrate davon weniger beeinflusst wird.

Die Teuerungsraten der übrigen untersuchten Haushaltstypen lagen im Juni knapp unterhalb der allgemeinen Inflationsrate, wobei der Abstand zum Durchschnitt meist mit dem Einkommen steigt. So betrug die Inflation für Alleinerziehende, für Alleinlebende und für kinderlose Paare mit jeweils mittleren Einkommen je 6,2 Prozent. Bei Alleinlebenden mit höheren Einkommen schlug die Inflation mit 6,1 Prozent zu Buche, bei Familien mit mittleren und mit hohen Einkommen waren es jeweils 6,0 Prozent.

Trotz des nachlassenden Drucks bei den Preisen für Haushaltsenergie und Lebensmitteln spielen diese Kostenfaktoren für Haushalte mit niedrigeren Einkommen weiterhin eine besonders große Rolle, wie der Detailvergleich zeigt. Bei ärmeren Alleinlebenden trugen sie im Juni 4,2 Prozentpunkte zu der haushaltsspezifischen Inflationsrate von 7,0 Prozent bei. Bei Familien mit zwei Kindern und niedrigeren Einkommen summierten sie sich auf 4,0 Prozentpunkte, bei Familien mit mittleren Einkommen immerhin noch auf 3,0 Prozentpunkte. Bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen trugen Nahrungsmittel und Haushaltsenergie hingegen lediglich 1,7 Prozentpunkte zur Inflationsrate von insgesamt 5,7 Prozent bei. Das Problem wird vor allem für Haushalte mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind und viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben.

Für eine Entwarnung bei der Inflation sei es noch deutlich zu früh, schreiben Tober und Dullien. Wie viele andere Fachleute beobachten die IMK-Expert*innen aufmerksam die Kernrate, also die Inflation ohne die besonders schwankungsanfälligen Positionen Lebensmittel und Energie. Diese ist in Deutschland anders als in den meisten Euroländern zuletzt leicht gestiegen, was allerdings wiederum mit den Entlastungen im vergangenen Jahr zusammenhängt.

Auf der anderen Seite sehen die Fachleute für die kommenden Monate ein deutliches Potenzial für Preissenkungen. Denn sowohl Energie als auch Agrarrohstoffe notieren im Großhandel viel niedriger als vor einem Jahr. Da Kosten für Energie in fast alle Produkte und Dienstleistungen einfließen, dürfte der Preisdruck großflächig nachlassen, analysieren Tober und Dullien: „Es ist zu erwarten, dass die Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte deutlich geringer ausfällt und auch die Kernrate durch die geringeren Energiepreise gedämpft wird, zumal die Auflösung von Lieferengpässen und die Verringerung von Extragewinnen die Wirkung der erhöhten Lohnsteigerungen kompensieren dürften.“ Von weiteren Erhöhungen der EZB-Leitzinsen sei daher aktuell abzuraten, zumal diese mit erheblicher Verzögerung wirken.

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.

Weitere Informationen:

Sebastian Dullien, Silke Tober: IMK Inflationsmonitor. Basiseffekte überlagern Abwärtstendenz der Inflation – Inflationsunterschiede zwischen Haushalten im Juni 2023 sinken leicht. IMK Policy Brief Nr. 154, Juli 2023. 

Die Pressemitteilung mit Abbildung (pdf)

Kontakt:

Prof. Dr. Sebastian Dullien
Wissenschaftlicher Direktor IMK

Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik

Rainer Jung
Leiter Pressestelle

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