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Systemrelevant Folge 217 Service aktuell

Systemrelevant Podcast: Von der Trump-Wiederwahl und dem Ampel-Aus

Bettina Kohlrausch und Sebastian Dullien besprechen die Wiederwahl Donald Trumps und das Ampel-Aus. Was sind die Ursachen? Was kommt auf uns zu? Droht ein Verteilungskampf zwischen Sicherheit und Sozialstaat?

[14.11.2024]

Was passiert nach der US-Wahl und der Wiederwahl Trumps, was nach dem Ampel-Aus und der Ansetzung der nächsten Bundestagswahl am 23. Februar 2025?

Ein wesentlicher Punkt beim Ausgang der US-Wahlen: Dass eine hohe Inflation, gestiegene Mieten, die Zinsen und Hauspreise gerade bei den unteren Einkommen zu einer großen Belastung geführt haben, konnte Donald Trump für sich nutzen – ein Zusammenhang, der aus der Forschung gut bekannt ist, so Bettina Kohlrausch, die Direktorin des WSI.

Gerade die deutlich gestiegenen Lebensmittelpreise und die Kosten für eine Unterkunft, also die Dinge, für die jeder und jede Geld ausgeben muss, zeigten Wirkung. IMK-Direktor Sebastian Dullien erklärt, dass seiner Meinung nach vielen Menschen, die sich durch die gestiegenen Preise betroffen fühlten und bei denen der eigene Lebensstandard gesunken ist, es zusätzlich so vorgekommen sei, als ob die aktuelle Biden-Regierung und die Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, sie mit ihren Problemen nicht ernst nehmen, da immer wieder betont wurde, wie gut es der Wirtschaft in den USA doch gehe.

Neben der Inflation sei aber bei der Analyse auch wichtig zu erwähnen, dass wir in Zeiten von multiplen Krisen leben, Zeiten, die auf sehr vielen Ebenen für sehr viele Menschen Verunsicherung mit sich gebracht haben. Gerade eine Pandemie stellte für viele Menschen den maximalen Kontrollverlust dar. Von einer sozialpsychologischen Ebene betrachtet, so Bettina Kohlrausch, kann die Inflation nicht als isoliertes Ereignis betrachten werden. Sie sei vielmehr die aktuellste Bedrohung im Gefühl dieser sich auftürmenden Krisen.

Was ist nun aus dem Ergebnis der US-Wahl für Deutschland abzuleiten? Ein Element von Faschismus und etwas, was man immer wieder in Zeiten finanzieller Verunsicherung und großer Statuskämpfe sieht und was irgendwie verfängt, auch in rechtsradikalen, rechtsextremen oder rechtspopulistischen Bewegungen, ist eine Orientierung auf einen starken Mann. Und auch wenn es Unterschiede zwischen Trump in den USA und der AfD in Deutschland gibt, sind es sehr ähnliche Angebote, die gemacht werden. So sollten die Bedrohungen, auch für die Demokratie als Ganzes, das gesamte System, in dem wir leben, sehr ernst genommen werden. 

Wir werden eine Debatte sehen, die hat auch schon angefangen, einen Generalangriff auf die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland. Debatten, die wir schon vor 20, 30 Jahren hatten. Ist es vielleicht besser, wenn die Menschen, wenn sie krank werden, den ersten Tag Lohnkürzungen bekommen? Ich glaube, das sind die falschen Schritte.

Sebastian Dullien, IMK-Direktor

Der große Elefant im Raum sei die Schuldenbremse. Sie ist in der jetzigen Form viel zu eng gezurrt und lässt nicht die Spielräume für die Dinge, die gebraucht werden: Mehr Investitionen in öffentliche Infrastruktur oder auch mehr Verteidigungsausgaben. Man könne mehr Kredite aufnehmen, ohne dass es ein Problem ist, so Sebastian Dullien.

Man muss einen inklusiven Solidaritätsbegriff nach vorne stellen, der eben nicht diese Ausgrenzungslogik bedient, weil man da einfach nur verlieren kann und weil ein Sozialstaat so auch nicht funktioniert.

Bettina Kohlrausch, WSI-Direktorin

Am Ende des Tages seien es Verteilungsauseinandersetzungen, die wir führen, so Bettina Kohlrausch. Es wäre klug, sie als solche zu benennen und nicht andere Konfliktlinien, wie zum Beispiel "Pseudoprobleme" wie Migration. Es sei keine Verteilungsdebatte, darüber zu reden, wer angeblich den Sozialstaat missbraucht. Eine Verteilungsdebatte sei zu fragen, wer welche Rechte hat in diesem Sozialstaat und wer eigentlich nicht? Wer einen ausreichenden Beitrag zum Gelingen dieser Gesellschaft im Moment leistet? Damit würde man das Problem adressieren, das tatsächlich auch viele Menschen spüren oder erleben in unserer Gesellschaft.

Alle Informationen zum Podcast

In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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