Systemrelevant Podcast: Steht die Energiewende auf der Kippe?
Die Energiewende ist in aller Munde – aber was denken eigentlich diejenigen, die mitten in dieser Transformation stehen? Christina Schildmann, Felix Schulz und Vera Trappmann sprechen über die sozialen und politischen Fragen rund um die Energiewende.
Die Energiewende trifft auf gemischte Gefühle in der Arbeitswelt. Eine Mehrheit der Beschäftigten steht zwar grundsätzlich hinter der Energiewende, doch die Zustimmung ist nicht ungebrochen. Nur noch 59% der Beschäftigten befürworten aktiv die Energiewende, zeigt die Studie von Vera Trappmann und Felix Schulz von der Leeds University Business School. Vor allem der Rückgang der Zustimmung zur Windkraft fällt auf. Während Solarenergie weiterhin sehr positiv gesehen wird, schwindet die Unterstützung für Windkraftanlagen.
Die Transformation gelingt nur, wenn die Mehrheit der Menschen überzeugt ist und die Sicherheit hat, dass sie mehr gewinnen als verlieren.
Die Ursachen für die schwindende Unterstützung liegen nicht etwa in der Ablehnung des Klimaschutzes, sondern in handfesten Sorgen. 37% der Befragten haben Angst, dass die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist und 42% glauben nicht, dass die Preise in Zukunft sinken werden. Es sind die alltäglichen Ängste um Arbeitsplatz, steigende Energiepreise und die Frage, ob die politische Umsetzung überhaupt realistisch ist.
Wo die Gestaltung der Energiewende an klare soziale Kriterien geknüpft wird, an gute Arbeitsbedingungen, Tarifverträge, Mitbestimmung, dann stimmt die Mehrheit den energiepolitischen Vorhaben wieder zu.
Zusätzlich herrscht große Unsicherheit darüber, ob die Energiewende tatsächlich neue, gut bezahlte Arbeitsplätze schafft. Besonders auffällig: Fast 50% der Befragten sind sich unsicher, ob Jobs in erneuerbaren Energien gut bezahlt sein werden. Die Studie zeigt aber auch, dass viele Beschäftigte nicht ausreichend informiert sind – diese Wissenslücken schüren weitere Unsicherheiten. In der Diskussion wird auch deutlich, wie stark die Parteipräferenzen die Wahrnehmung der Energiewende prägen. Während progressive Parteien die Notwendigkeit der Klimapolitik betonen, nutzen populistische Kräfte die Unsicherheiten der Bevölkerung, um sich als 'Entlastungsparteien' zu positionieren.
Aber wie kann diese Unsicherheit abgebaut werden? Der Weg liegt in der Kombination aus klarer Kommunikation und sozial gerechter Gestaltung. Doch Information allein reicht nicht aus. Die Energiewende muss sozial gerecht gestaltet werden, um breite Unterstützung zu gewinnen. Christina Schildmann betont, dass soziale Kriterien wie faire Löhne und Arbeitsplatzgarantien zentrale Bedingungen für den Erfolg der Transformation sind. Neben der sozialen Absicherung spielt auch die Beteiligung der Bürger eine wichtige Rolle.
Wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie nicht nur mitmachen dürfen, sondern auch finanziell von der Energiewende profitieren, steigt die Zustimmung enorm.
Moderation: Marco Herack
Weitere Informationen
Studie: Wie blicken ArbeitnehmerInnen auf die Energiewende?
Monitoringbericht 2024 der Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring, BMWK
CO2-Bepreisung: Akzeptanz und Kostenwahrnehmung nach der Preiserhöhung 2024, IMK Policy Brief Nr. 175, August 2024
Inflation Reduction Act: Gut fürs Klima, Schlecht für Europa?, IMK Report Nr. 191, Juli 2024
Hier das Transkript zur Folge 214 als PDF herunterladen.
Alle Informationen zum Podcast
In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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Christina Schildmann