Quelle: HBS
Service aktuellSystemrelevant Podcast: Sind Volkswirte rechts?
IMK-Direktor Sebastian Dullien und Moderator Marco Herack sprechen über politische Einstellungen bei Ökonom:innen und darüber, wie sie sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben.
[15.9.2021]
Sarrazin, Homburg, Meuthen – immer wieder sind in den vergangenen Jahren Ökonomen mit rechten Äußerungen aufgefallen, oder sie sind Mitglieder in rechtspopulistischen Parteien wie etwa der AfD. Handelt es sich dabei nur um Ausnahmen, oder weisen diese Fälle auf eine weitverbreitete ideologische Haltung unter deutschen Volkswirt:innen hin? Dieser Frage gehen Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) und Moderator Marco Herack in der neuen Folge unseres Podcasts Systemrelevant nach.
„Die prominenten Einzelfälle erklären diese Wahrnehmung, doch mit der breiten Masse der Ökonomen hat das nicht viel zu tun“, so Dulliens Einschätzung. Auffällig sei: Es handle sich beinahe ausschließlich um ältere Vertreter unter VWLern. Empirisch annähern könne man sich der Thematik auch mittels einer Befragung des Vereins für Sozialpolitik, die die Parteipräferenzen unter Ökonomen untersucht hat. Demnach habe ein überwiegender Teil nach eigenen Angaben eher moderate oder liberale Parteien bevorzugt oder sich als unpolitisch eingestuft.
Kritik übt Dullien dennoch an einigen Vertretern:innen der Volkswirtschaft: Einigen konservativen und älteren Kollegen gelänge es teils nicht, sich deutlich genug von denjenigen abzugrenzen, die außerhalb der demokratischen Grundordnung argumentierten.
Doch wie steht es um die Positionierung der Volkswirt:innen in ökonomischen Fragen? Dullien sieht eine Verwissenschaftlichung und eine Pluralisierung unter den Ökonom:innen und damit generell positive Trends: „Die VWL in Deutschland war lange Zeit eher eine Gesinnungslehre, hat sich aber zu einer wesentlich stärker empirisch orientierten Wissenschaft entwickelt“, sagt der IMK-Direktor. Dies ließe sich etwa an der gewandelten Debatte rund um den Mindestlohn ablesen.
Auch ein Dokument wie der „Hamburger Apell“ von 2005, in dem „fast alles was Rang und Namen hatte in der VWL“ weitgehende Einschnitte in allen Bereichen der öffentlichen Ausgaben gefordert hatten, sei in der Form nicht mehr denkbar. „Man würde heute für so einen Text keine breite Unterstützung mehr finden“, sagt Dullien.
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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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Christina Schildmann