Quelle: HBS
Service aktuellSystemrelevant Podcast: Die Pionierinnen der Mitbestimmung
Frauen werden in der Geschichte der Mitbestimmung oft übersehen - dabei gab es tausende Frauen in Gewerkschaften und Betriebsräten. Ernesto Klengel und Uwe Fuhrmann sprechen über ihre Arbeit und Errungenschaften.
[07.05.2024]
Die Errungenschaften, von denen wir heute in unserem Arbeitsleben profitieren, basieren auf harten Kämpfen der Mitbestimmungsgeschichte seit den Anfängen im 19. Jahrhundert. Ein wichtiger Teil dieser Geschichte der Mitbestimmung, aber dennoch oft übersehen, sind die Kämpfe der Frauen.
Daher hat es sich Uwe Fuhrmann, angestoßen von der ehemaligen HSI-Direktorin Johanna Wenckebach, in seinem Buch "Frauen in der Geschichte der Mitbestimmung" zum Ziel genommen, konkrete Frauenbiografien aufzudecken und damit ihre Beiträge zur Entwicklung des Arbeitsrechts und seiner Praxis ans Licht zu bringen.
Bei diesen Vorhaben stieß er zunächst auf eine Quellenproblematik. Viele Unterlagen wurden von Unternehmen weggeworfen, im Zuge der Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 von den Nazis vernichtet oder schlicht nicht archiviert - auch wenn die gleichen Dokumente bei Männern in vergleichbaren Positionen als erhaltenswert eingestuft wurden.
Dabei gab es viele Frauen, die die Mitbestimmung geprägt haben: In der Weimarer Republik gab es mehrere tausend Betriebsrätinnen und bereits davor gab es bemerkenswerte Erfolgsgeschichten, die von Frauen geschrieben wurden. Dazu zählt beispielsweise der gewerkschaftlichen Arbeitsnachweis, eine gewerkschaftliche Form der Stellenvermittlung, der besonders für Frauen ein erfolgreiches Kampfmittel darstellte.
Wegweisend dafür waren die Buchdruckereihilfsarbeiter*innen, die eine stark weiblich geprägte Gewerkschaft hatten. Sie erreichten, dass alle arbeitssuchenden Kolleg*innen sich an die Gewerkschaft wendeten und sich die Unternehmen, um neue Arbeitskräfte zu gewinnen, an die Gewerkschaft wenden mussten.
So wurden bei jeder Stellenvermittlung die Arbeitsverhältnisse sanktioniert, wodurch die Arbeitsverhältnisse und insbesondere das Einkommen stark verbessert werden konnten. Das brachte die Unternehmen dazu, schließlich selbst einen Tarifvertrag anzustreben und diesen schließlich 1906 abzuschließen.
Federführend für diese Bemühungen war unter anderem Paula Thiede, die erste weibliche Gewerkschaftsvorsitzende.
Besonders bemerkenswert an der Arbeit von Frauen in Gewerkschaften und Betriebsräten ist, dass es Frauen strukturell viel schwerer hatten als Männer, sich zu organisieren und Zeit für ihren Arbeitskampf zu schaffen.
Trotz dieser Schwierigkeiten gibt es bedeutende frauengeführte Arbeitskämpfe, wie z.B. den der Hausangestellten. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um junge Frauen, die 6 Tage pro Woche in den Häusern, in denen sie tätig waren, lebten und somit nur schlecht ansprechbar und organisierbar waren.
Dennoch gelang es ihnen, den reichsweiten Zentralverband für Hausangestellte zu gründen und unter Führung von Luise Kähler, Ida Baar und ihren Kolleginnen unter anderem gegen die Gesindeordnung und für bessere Arbeitsbedingungen für Hausangestellte zu kämpfen.
Weitere Informationen über wichtige Frauen der Mitbestimmungsgeschichte und Eindrücke in ihre Arbeitsbedingungen gibt es im Buch "Frauen in der Geschichte der Mitbestimmung" nachzulesen.
Moderation: Marco Herack
Weitere Informationen zur Folge
HSI-Schriftenreihe Band 51: Frauen in der Geschichte der Mitbestimmung
Frauen - kaum wahrgenommene Kämpferinnen für die Mitbestimmung
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Alle Informationen zum Podcast
In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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