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Systemrelevant Podcast: Kaufkraftsicherung in Deutschland besser gelungen als in anderen Ländern

Wie sich der Mindestlohn in Deutschland im internationalen Vergleich schlägt und wie eine neue Richtlinie die Anpassung des europäischen Mindestlohns regeln soll, erläutern Bettina Kohlrausch und Malte Lübker in einer neuen Podcastfolge.

[29.03.2023]

Der internationale WSI-Mindestlohnbericht gibt einen Überblick über den Status Quo der Mindestlöhne auf der Welt. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland, dank der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro im Oktober 2022, aktuell gut ab. Lediglich Luxemburg liegt mit einem Mindestlohn von 13,80 Euro pro Stunde noch weiter vorne. WSI-Experte Malte Lübker weist jedoch darauf hin, dass die Auswertung eine Momentaufnahme widerspiegelt – Stichtag 1. Januar.

Nur in etwa der Hälfte der 22 EU-Länder mit gesetzlichen Mindestlöhnen konnten Anhebungen der Lohnuntergrenze die Inflation 2022 ausgleichen. In zehn Ländern erlitten Mindestlohn-Beschäftigte zum Teil deutliche reale Kaufkraftverluste. Die Anhebung des Mindestlohns in Deutschland kam laut Malte Lübker zur rechten Zeit, um den Folgen der Inflation entgegenzuwirken. Inflationsbereinigt macht die Mindestlohnerhöhung zwölf Prozent mehr Kaufkraft im Vorjahresvergleich aus.

Trotz einer leichten Abschwächung des Preisdrucks bleibt die hohe Inflation weiterhin eine große Herausforderung in Europa und auch Deutschland, so der WSI-Experte. Zumal Haushalte mit niedrigen Einkommen überdurchschnittlich stark von der Teuerung betroffen sind, weil sie ihr Geld vor allem für Lebensmittel und Energie ausgeben. Im Laufe des Jahres wird die Inflation Geringverdienenden zu schaffen machen. 12 Euro Mindestlohn, so Bettina Kohlrausch, sind nicht für alle Zeiten das Maß aller Dinge. Die Preisentwicklung spielt eine bedeutende Rolle, vor allem in Zeiten der Inflation. Die Kaufkraftsicherung ist demnach eine zentrale Aufgabe in Zeiten hoher Inflation, betont Lübker.

Eine neue europäische Mindestlohnrichtlinie soll nun als Regelwerk für Mindestlöhne dienen. Diese Richtlinie gibt beispielweise vor, in welchem Turnus Mindestlöhne angepasst werden sollen und wer mit am Verhandlungstisch sitzen muss. Lübker weist auf vier Kriterien hin, die bei der Aushandlung zwingend zu berücksichtigen sind: Bei der Festlegung müsse:

(1) die Kaufkraft, also die Lebenshaltungskosten, berücksichtigt werden.

(2) Das allgemeine Lohnniveau und die Verteilung sowie die

(3) Lohnwachstumsrate gelten ebenso als wichtige Kriterien.

(4) Das langfristige nationale Produktivitätsniveaus und Produktivitätsentwicklungen müssen bei den Verhandlungen bedacht werden.

Im weiteren Verlauf der Folge sprechen Kohlrausch und Lübker über die Auswirkungen des Mindestlohns für eine gerechte Verteilung und warum der Mindestlohn neben einer Tarifbindung ein wichtiges Instrument ist, um vor Armut zu schützen.

Moderation: Marco Herack

Alle Informationen zum Podcast

In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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