Systemrelevant Podcast: Über Chancenungleichheit am Finanzmarkt
Über finanzschwache Menschen wird zu selten gesprochen. Und manchmal lapidar darhergesagt: Wieso investieren die nicht einfach am Finanzmarkt? Der "Armutsnachteil" erklärt, wieso das nicht so einfach ist.
[16.04.2025]
Was bedeutet Chancengleichheit am Finanzmarkt, insbesondere hinsichtlich Menschen mit geringem Einkommen und Vermögen? Das hat Finanzwende Recherche(Öffnet in einem neuen Fenster) mit ihrer Studie "Armutsnachteil" untersucht. Christina Schildmann, Leiterin der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung, erklärt, dass die Studie vor dem Hintergrund der Debatten um den Sozialstaat entstanden ist, bei denen es häufig zwei Lager und Denkschulen gibt: Einmal wird für mehr Investitionen und mehr Sozialstaat geworben, auf der anderen Seite befürwortet, den Sozialstaat zusammenzukürzen.
Das zentrale Ergebnis der Studie: Menschen mit geringem Vermögen sind oft strukturell benachteiligt. Sie haben häufig geringere Anlagesummen, eine renditeschwächere Portfoliostruktur (z. B. viel Geld im an Wert verlierenden Auto oder niedrig verzinsten Spareinlagen) und zahlen relativ betrachtet höhere Kosten für Finanzprodukte, erläutert Moritz Czygan, Co-Autor der Studie und Referent bei Finanzwende Recherche.
Die Studie analysierte die Vermögenshöhe und -struktur verschiedener Gruppen:
- Die untere Vermögenshälfte (ca. 35 Mio. Erwachsene) hatte 2019 im Schnitt nur 6.000 Euro Bruttovermögen.
- Die Vermögensmitte kam auf 149.000 Euro.
- Die oberen 10 Prozent auf 925.000 Euro.
Diese ungleiche Verteilung führt zu unterschiedlichen Anlagebedingungen und Renditechancen.
Auch auffällig: Es existiert eine deutliche Überrepräsentation bestimmter soziodemografischer Gruppen in der unteren Vermögenshälfte:
- Alleinerziehende
- Menschen mit Migrationshintergrund
- Menschen in Ostdeutschland
Christina Schildmann erwähnt die Diskussion um das Rentenniveau und die Idee einer Frühstarterrente. Sie plädiert dafür, das Rentenniveau nicht zu senken und verweist auf die Notwendigkeit einer Vermögenssteuer angesichts der starken Ungleichheit, um die demokratische Ordnung nicht zu gefährden.
Das Projekt soll weitergehen und konkrete Forderungen erarbeitet werden, um den Armutsnachteil zu senken. Moritz Czygan liefert einen Ausblick: Zukünftig sollen Gespräche mit Expert:innen geführt und die unterschiedlichen Dimensionen von Ungleichheit sowie deren Auswirkungen auf die Demokratie untersucht werden.
Weitere Informationen
Pressemitteilung: 525 Euro Armutsnachteil: Neue Studie untersucht Chancengleichheit am Finanzmarkt
Finanzwende Recherche: Der Armutsnachteil(Öffnet in einem neuen Fenster)
Die Studie (PDF Direktlink): Der Armutsnachteil(Öffnet in einem neuen Fenster)
Blogserie des WSI: Mythen der Sozialpolitik
Podcast Systemrelevant 135: Warum die Vermögenssteuer wiederbelebt werden sollte
Transkript zur Folge 239 (PDF)(Öffnet in einem neuen Fenster)
Alle Informationen zum Podcast
In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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