Systemrelevant Podcast: Investitionsprogramm - nie war der Zeitpunkt günstiger
In Folge sieben unseres Podcasts erläutert Sebastian Dullien, warum Investitionen jetzt sinnvoller sind als Konsumanreize und warum das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum EZB-Anleihenkauf für große Unsicherheit sorgen und die Unabhängigkeit der EZB gefährden könnte.
[8.5.2020] „Ökonomen verlangen gigantisches Investitionsprogramm gegen die Rezession“, titelte das Handelsblatt am 7. Mai 2020. IMK-Direktor Sebastian Dullien war einer der Autor*innen der zugrunde liegenden Studie, die von Fachleuten aus verschiedenen ökonomischen Lagern erstellt wurde. Im ersten Teil des Pocasts (ab 1:30) erläutert er, warum in der derzeitigen Phase der Corona-Pandemie, Investitionen mehr konjunkturelle Effekte entfalten dürften als Konsumanreize, die etwa wegen der anhaltenden Beschränkungen in Gastronomie und Tourismusbranche nur bedingt sinnvoll seien. Die Finanzierungsbedingungen für den deutschen Staat seien derzeit aufgrund der niedrigen Zinsen besonders günstig und die eingesetzten Mittel könnten aufgrund der durch die Krise sinkenden Preise zum Beispiel in der Baubranche effizient eingesetzt werden. Entlastet werden sollten aus seiner Sicht die zum Teil ohnehin stark überschuldeten Kommunen, denen derzeit erstens die Steuerbasis wegbreche und auf die Entschädigungszahlungen für Maßnahmen zur Corona-Pandemie nach dem Infektionsschutzgesetz zukommen könnten.
Im zweiten Teil (ab 23:30) sprechen Marco Herack und Sebastian Dullien über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Mai 2020, in dem das Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) in Teilen für verfassungswidrig erklärt wurde. Das sei nicht nur juristisch, sondern auch ökonomisch sehr bedenklich, da die Unabhängigkeit der EZB gefährdet werde. Diese verliere ihr klares Mandat, die Preisstabilität in der Eurozone zu sichern, wenn mitunter durch nationale Gerichte festgestellte alternative Zielsetzungen berücksichtigt werden müssten. Das Urteil sei darüber hinaus eine Kampfansage des BVerfG an die föderale Struktur der Europäischen Union, da sie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) unterlaufe, was für starke Unsicherheit und Konfliktpotenzial in der Euro-Zone sorgen könnte.
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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.
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Christina Schildmann