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Das Bild zeigt Prof. Dr. Sebastian Dullien, den Wissenschaftlichen Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Service aktuell

Wachstumsschwäche in Deutschland: Drei Maßnahmen für nachhaltigen Wohlstand

Wie kann Deutschland seine Wachstumsschwäche überwinden? Statt Steuersenkungen brauche es Investitionen in Infrastruktur, wettbewerbsfähige Strompreise und europäische Industriepolitik, sagt IMK-Direktor Sebastian Dullien.

[13.01.2025]

Mit dem neuen Jahr gewinnt auch der Wahlkampf an Schwung. Ein zentrales Thema: Wie kann Deutschland seine Wachstumsschwäche überwinden?

Leider geben nicht alle Wahlprogramme gute Antworten. Oft fehlt es sogar an einer vernünftigen Problemanalyse. Und bei genauerer Betrachtung haben viele Vorschläge nichts mit den tatsächlichen Problemen der deutschen Wirtschaft zu tun.

Wie wir in unserer jährlichen Analyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zu den „Wirtschaftspolitischen Herausforderungen“ zeigen, ist das deutsche Wirtschaftsmodell in den vergangenen Jahren nicht etwa durch hohe Sozialausgaben oder hohe Löhne unter Druck geraten, sondern vor allem durch geopolitische Verschiebungen.

Zentral dabei ist eine zunehmende Systemkonkurrenz zwischen den USA und China. China versucht mit seiner „Made in China 2025“-Strategie, durch aggressive Industriepolitik in wichtigen Schlüsselbranchen Technologie- und Qualitätsführer zu werden und sich von Importen unabhängiger zu machen. Viele der Branchen sind Bereiche, in denen Deutschland bisher exportstark ist.

Die USA wollen zum einen ein Auf- und mögliches Überholen Chinas verhindern, zum anderen die eigene inländische Industrieproduktion und -beschäftigung erhöhen. Dafür setzen sie Zölle, Subventionen und Exportrestriktionen ein. Deutschlands Industrie gerät so auf zwei ihrer wichtigsten Exportmärkte unter Druck.

Zudem sind die Energiepreise in Deutschland durch die russische Invasion in der Ukraine und der Unterbrechung russischer Gaslieferungen massiv gestiegen: Strom und Gas sind im Großhandel heute noch immer etwa zweieinhalbmal so teuer sind wie 2019.

Den Herausforderungen durch aggressive amerikanische und chinesische Industrie- und Handelspolitik und teure Energie kann man aber nicht mit einer Steuerfreiheit auf Überstunden, Steuersenkungen für Besserverdienende oder Kürzungen beim Bürgergeld sinnvoll begegnen.

Stattdessen bräuchte man dreierlei: Erstens eine massive öffentliche, kreditfinanzierte Investitionsoffensive, mit der die deutsche Infrastruktur endlich wieder fit gemacht wird für das 21. Jahrhundert. Zweitens einen verlässlichen, wettbewerbsfähigen Strompreis, den man mit klugen Staatsbeteiligungen beim Netzausbau, mehr erneuerbarer Energie und einem Brückenstrompreis erreichen könnte. Drittens wäre eine europäisch koordinierte, entschiedene Industriepolitik gefragt, die Schlüsselbranchen in Deutschland und Europa fördert und Innovationsfähigkeit stärkt. Da all das aber auch Geld kostet, bräuchte man natürlich auch eine Reform der Schuldenbremse, die endlich mehr öffentliche Investitionen ermöglicht.

So würde man nicht nur Wettbewerbsfähigkeit stärken und Investitionsanreize im Inland schaffen, sondern auch die inländische Nachfrage ankurbeln – für stabilen und nachhaltigen Wohlstand in Deutschland.

Prof. Dr. Sebastian Dullien ist der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. 

Weitere Informationen

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