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Paketbranche: Der Ausbeutung „auf der letzten Meile“ endlich ein Ende setzen

Schlechte Arbeitsbedingungen, keine Mitbestimmung: Bei vielen Subunternehmen in der Paketbranche gibt es Regulierungsbedarf - und auch rechtliche Möglichkeiten dazu, schreibt Amélie Sutterer-Kipping (HSI).

[25.09.2023]

Die Anzahl der versendeten Pakete in Deutschland hat sich innerhalb von elf Jahren mehr als verdoppelt: Von 2,1 Milliarden im Jahr 2010 auf 4,5 Milliarden 2021. Besonders stark ist der Anstieg während der Covid-Pandemie ausgefallen. Kostenfreie Retouren und großzügige Rückgabefristen im Online-Handel befördern die Zunahme der Paketsendungen zusätzlich.

Aber was bedeutet dieser Boom der Paketbranche für die Zusteller*innen? Trotz der Rekordumsätze haben sich die prekären Arbeitsbedingungen „auf der letzten Meile“ – der Paketzustellung vom Depot zum Empfänger – weiter verfestigt. Ein neues Gutachten im Auftrag unseres Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) zeigt nun die Strukturen auf, die dies ermöglichen – und geeignete Maßnahmen dagegen.

Denn um die Kosten zu drücken, lagert ein Teil der Paketdienstleister bislang die Zustellung über Werkverträge auf eine Vielzahl von Subunternehmern aus. Der Einsatz von Subunternehmer-Strukturen ist nicht nur undurchsichtig, vielmehr ist die Beschäftigung im Rahmen dieser Werkvertragskonstellationen regelmäßig durch Verstöße gegen die Pflicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns, durch Umgehung des Kündigungsschutzes und durch die Nichteinhaltung des Arbeitszeitgesetzes gekennzeichnet. Zudem fehlen in aller Regel jedwede betriebliche Mitbestimmung und Tarifstruktur. Begünstigt werden die Rechtsverstöße dadurch, dass Drittstaatsangehörige mit unsicherem Aufenthaltsstatus und mit geringen Deutschkenntnissen als Zusteller*innen eingesetzt werden. An all diesen Missständen konnte auch das Paketboten-Schutz-Gesetz aus dem Jahr 2019 bislang wenig ändern.

Unser neues HSI-Gutachten von Anneliese Kärcher und Prof. Dr. Manfred Walser macht nun deutlich: Das muss nicht so bleiben. In Anlehnung an die Fleischwirtschaft, wo sich der Gesetzgeber aufgrund ähnlicher Missstände veranlasst sah, den Einsatz von Fremdpersonal im Kernbereich der Branche zu untersagen, zeigt die Studie: Ein Verbot von Werkverträgen in der Paketbranche ist möglich und ein „Direktanstellungsgebot“ wäre sowohl mit Verfassungs- als auch mit EU-Recht vereinbar. Ein solches würde klare Verantwortlichkeiten schaffen und effektive Mitbestimmungsstrukturen ermöglichen. Es wird Zeit, dass der Gesetzgeber auf diese Missstände reagiert!

Dr. Amélie Sutterer-Kipping ist Referentin für Arbeitsrecht im Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung.

Weitere Informationen

Neue Studie: Verbot von Subunternehmen wirksam gegen Missstände in der Paketbranche

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