Quelle: Karsten Schöne
Service aktuellKrieg in der Ukraine: Mittel gegen den Energiepreisschock
Der Krieg in der Ukraine bedeutet auch einen wirtschaftlichen Schock für Deutschland und Europa. Die Regierung muss nun noch größere soziale Verwerfungen verhindern, schreibt IMK-Direktor Sebastian Dullien.
[14.3.2022]
Der Ukraine-Krieg ist eine humanitäre und sicherheitspolitische Katastrophe. Die meisten von uns hatten gehofft, in ihrer Lebzeit keinen Krieg in Europa mehr erleben zu müssen. Jetzt ist diese Hoffnung zerstört. Zahlreiche Menschen haben ihr Leben verloren, Städte werden beschossen, Millionen sind auf der Flucht.
Die Konsequenzen sind stark und reichen weit: Es deutet sich an, dass der Konflikt auch einen massiven wirtschaftlichen Schock für Deutschland und andere europäische Länder darstellt, der zu großen sozialen Verwerfungen zu führen droht. Ökonomisch betrachtet ist der Krieg zugleich ein heftiger Angebots- wie ein heftiger Nachfrageschock. Er ist ein Angebotsschock, weil die Energiepreise für die Unternehmen massiv gestiegen sind und Lieferketten, etwa bei Rohstoffen oder Vorprodukten für die Automobilindustrie, unterbrochen oder gefährdet sind. Er ist ein Nachfrageschock, weil die hohen Energiepreise die Kaufkraft der Menschen im Land senkt und diese damit ihren Konsum für andere Güter und Dienstleistungen einschränken dürften.
Damit sind nicht nur Arbeitsplätze gefährdet. Der Energiepreisschock führt auch zu sozialen Problemen. Insbesondere der Gaspreis bereitet Sorgen. Schon unmittelbar vor der Invasion war der Erdgaspreis im Großhandel auf ein Niveau geklettert, das eine Verdopplung der Endpreise für die Privathaushalte in den kommenden Monaten bedeutet hätte. Damit wäre die Heizrechnung für eine durchschnittliche Familie leicht um 100 Euro pro Monat gestiegen. Der Vor-Invasions-Gaspreisanstieg alleine häte so in den nächsten Monaten 2,5 Prozentpunkte zur Inflation beitragen können. Seitdem hat sich der Gaspreis im Großhandel noch einmal mehr als verdoppelt.
Die Bundesregierung hat mit ihren unmittelbar vor der Invasion beschlossenen zehn „Entlastungsschritten für unser Land“ einen ersten Beitrag geleistet, Haushalte angesichts der hohen Energiekosten zu unterstützen, unter anderem durch eine schnellere Abschaffung der EEG-Umlage, eine höhere Pendlerpauschale und einem Zuschuss für Geringverdienerhaushalte.
Allerdings werden damit die sich nun abzeichnenden Belastungen durch noch höhere Energiepreise und insbesondere höhere Gaspreise nur unzureichend ausgeglichen. Hier wäre es sinnvoll, noch einmal nachzulegen - vor allem, weil die Tarifparteien überfordert wären, für solch enorme Preissprünge alleine den Ausgleich in den Lohnverhandlungen zu schaffen.
Denkbar wäre hier zum Beispiel ein Gaspreisdeckel. Dabei könnte der Preis für die ersten 8000 Kilowattstunden pro Haushalt etwa auf 7,5 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden und die Versorger so kompensiert werden, dass sie dadurch keine Verluste erleiden. Das würde die gemessene Inflation senken und Haushalte mit Gasheizung ganz konkret entlasten.
Sebastian Dullien ist der Wisschenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung.
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