Rat der Arbeitswelt: Eine krisenfeste Arbeitswelt braucht Mitbestimmung
Überall dort, wo belastbare sozialpartnerschaftliche Strukturen existieren, konnten Unternehmen während der Pandemie schnell reagieren. Von Sinischa Horvat
[14.06.2021]
Als der Rat der Arbeitswelt Anfang 2020 ins Leben gerufen wurde, war Corona noch nicht in Europa angekommen. Nur kurze Zeit später jedoch stand die Arbeit des Rats ganz im Zeichen der Pandemie. Dabei ging es weniger um das eigentliche Infektionsgeschehen - vielmehr beobachteten wir, wie das Virus den Arbeitsmarkt einem Stresstest unterzog. Es machte einerseits deutlich, welche Mechanismen bereits etabliert waren und sich gerade in der Ausnahmesituation einer Pandemie hervorragend bewährten. Gleichzeitig traten jedoch auch Schwächen zutage, die für die Betroffenen teils dramatische Auswirkungen hatten. Dieses Panorama hat der Rat analysiert, um anhand von Schwerpunktthemen Empfehlungen für die weitere Gestaltung unserer Arbeitswelt zu erarbeiten.
Ein Blick auf die positiv wirkenden Mechanismen zeigte erneut, dass die Mitbestimmung auch in Krisenzeiten eine zentrale Rolle für die Handlungsfähigkeit der Unternehmen spielt. Überall dort, wo belastbare sozialpartnerschaftliche Strukturen existierten, konnten Unternehmen und Beschäftigte schnell reagieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Kurzarbeit: Die Politik hat den Rahmen gesetzt, die Sozialpartner haben bedarfsgerecht und manchmal auf die Prozentpunkte genau die Arbeitszeit geregelt. Gut dran ist auch, wer die betriebseigene Ausbildung als Investition in die Bewältigung der demografischen Transformation ansieht und auch in schwierigen Zeiten daran festhält. Mitbestimmte Unternehmen tun das.
An anderer Stelle klafften jedoch Lücken. Pflegekräfte zum Beispiel waren schon vor der Pandemie vielfach überlastet. Als nun weitere Belastungsgrenzen überschritten wurden, rückte die überlebensnotwendige Pflegearbeit in den gesellschaftlichen Fokus. Mobile Arbeit erwies sich auf den ersten Blick und zu Recht als schnelle Ausweichmöglichkeit raus aus dem Betrieb, vor allem für Beschäftigte im kaufmännischen Bereich. Aber es mangelte an geeigneten Regelungen, etwa mit Blick auf Arbeitszeit, ergonomische Ausstattung oder Gesundheit. Wer Kinder hat, kämpfte zudem mit der Doppelbelastung aus Homeoffice und Homeschooling. Noch dramatischer sah es bei Minijobber:innen und Soloselbständigen aus - vor allem dann, wenn es sich praktisch um abhängige, aber unzureichend abgesicherte Beschäftigung handelte.
Die Analysen zeigen also: Es besteht Handlungsbedarf. Eine solide Grundlage dafür bietet der erstmals vorgelegte, jährliche Bericht des Rats der Arbeitswelt.
Sinischa Horvat ist Vorsitzender des Betriebsrats der BASF SE und Mitglied im Rat der Arbeitswelt.
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