Quelle: Frank Rumpenhorst
Magazin MitbestimmungAufsichtsratsporträt: Wir bestimmen mit
Angela Bauer, Aufsichtsrätin bei der Hotelkette Dorint. Von Fabienne Melzer
Angela Bauer hat schon einige Kämpfe gefochten – als Betriebsrätin, aber auch als Frau und Mutter. Die 45-Jährige erzählt von Auseinandersetzungen mit der Geschäftsführung, von ihrer eigenen Abgruppierung nach der Elternzeit. Dabei lacht sie viel und klingt so vergnügt, als wäre das alles gar nichts. „Die Kämpfe haben oft Kraft gekostet“, räumt sie ein. „Aber die Gemeinschaft trägt einen. Ich wusste immer: Da gibt es Menschen, die dich nicht im Regen stehen lassen, wenn es hart wird.“
Wie nach dem Übergang des Hotels in Würzburg, in dem sie arbeitet, zur Dorint-Gruppe im Jahr 2019: Die alte Geschäftsführung hatte der Belegschaft versprochen, dass sich nichts ändert. Doch nach dem Übergang sollte das Weihnachtsgeld plötzlich von 100 auf 50 Prozent eines Monatsgehalts gekürzt werden. Es wurde hart verhandelt. Schließlich einigten sich Betriebsrat und Geschäftsführung auf 75 Prozent.
Für die 45-Jährige begann mit dem Betriebsübergang ein steiler Aufstieg im Betriebsrat. Erst 2017 war sie als Ersatzmitglied gewählt worden, 2018 wurde sie stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und im Februar 2020 schließlich Vorsitzende. Als der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats sie im Kampf um das Weihnachtsgeld erlebte, fragte er sie, ob sie nicht für den Aufsichtsrat kandidieren wolle. Was sie auch tat. Freigestellt ist sie nicht. Noch immer arbeitet sie als Abteilungsleiterin der Buchhaltung. Sie möchte das auch nicht missen, dafür macht ihr die Arbeit im Hotel zu viel Spaß.
Dabei hatte Angela Bauer nach dem Abitur zunächst einen anderen Weg eingeschlagen. Sie studierte Englisch und Deutsch auf Lehramt, merkte aber bald, dass ihr nach 13 Jahren Schule das Lernen für eine Lehrerinnenlaufbahn keinen Spaß mehr machte. Sie ging als Praktikantin ins Hotel und blieb dort. „Ich habe mich im Hotel und in dem Team sofort zu Hause gefühlt“, sagt NGG-Mitglied Angela Bauer.
Am liebsten arbeitet sie am Empfang. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder 2009 und 2012 konnte sie aber nicht dorthin zurück. Schichtarbeit und Familie – das ging einfach nicht zusammen. Nach ihrer Rückkehr erlebte sie, was viele Mütter erleben: Sie kam nicht auf ihre alte Stelle und auch nicht in ihre alte Entgeltgruppe. „Heute weiß ich, dass das nicht rechtens ist“, sagt die zweifache Mutter.
Weil sie selbst erlebt hat, wie schwer es Mütter nach ihrer Rückkehr in den Beruf haben, setzt sie sich im Aufsichtsrat für sie ein. „Damit alle, die nach mir kommen, nicht dieselben Erfahrungen machen müssen.“ Sie ermuntert aber auch Frauen, sich ihr Recht zu nehmen. Sie seien immer noch zu zurückhaltend, zu leise. Und wann, wenn nicht jetzt, angesichts des Fachkräftemangels, hätten Frauen die Chance, mehr zu fordern?
An ihren beiden Ämtern – Betriebs- und Aufsichtsrätin – schätzt sie die unterschiedlichen Perspektiven. „Als Betriebsrätin kümmere ich mich um die Probleme vor Ort, im Aufsichtsrat schauen wir auf das Ganze. Etwa darauf, wie die Branche mit der Zeit gehen kann, wie sie für die Beschäftigten attraktiv bleibt.“ Wie fast alle anderen in der Branche hat auch das Hotelgewerbe Personalprobleme. Rund 25 Prozent der Beschäftigten sind ihrem Arbeitgeber während Corona verloren gegangen. Angela Bauer möchte Menschen wieder für die Hotellerie begeistern, so, wie die Branche sie einst selbst begeistert hat. „Für mich ist es immer schön, wenn ich erlebe, dass sich Gäste bei uns wohlfühlen.“