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Aufsichtsrätin Karin Frappe Magazin Mitbestimmung

Aufsichtsratsportät: Wir bestimmen mit

Ausgabe 03/2023

Karin Knappe, Aufsichtsrätin bei der Fraport AG. Von Andreas Molitor

Karin Knappes Reaktion auf die Frage ihres Vorgesetzten war Unverständnis und schroffe Ablehnung. „Können Sie sich eine Kandidatur für den Betriebsrat vorstellen?“, hatte ihr Chef, leitender Arbeitsschützer bei der Fraport AG, bei ihr vorgefühlt. Der Kollege, der im Betriebsrat des Frankfurter Flughafenbetreibers das Thema Arbeitsschutz verantwortet hatte, würde bald in Rente gehen. Eine kompetente Nachfolgerin wurde gesucht.

„Auf gar keinen Fall gehe ich in den Betriebsrat!“, erinnert sich Karin Knappe an ihre ersten Gedanken. „Ich lauf doch nicht mit Fähnchen und Megafon hier übers Gelände.“ Das war im Jahr 2014. Bis dahin hatte die gelernte Physiklaborantin eine Musterkarriere hingelegt, in die sie unter anderem zwei Studiengänge – Umwelttechnik und Personalentwicklung – investiert hatte. Bei der Fraport AG gelang ihr ein schneller Aufstieg bis zur stellvertretenden Leiterin des Arbeitsschutzes. Der Weg nach oben stand offen.

Je länger sie allerdings über die Sache nachdachte, desto mehr schmolz ihre anfängliche Ablehnung dahin. „Als Arbeitsschützerin setze ich mich ja auch für die Beschäftigten ein“, sagte sie sich, „das ist schon da, wo mein Herz schlägt.“ Zudem wusste sie, dass „ein Betriebsratsmandat bei der Fraport AG nicht die Karriere zerstört“, sagt die heute 48-Jährige. „Diese Gewissheit hat mir die Entscheidung sicherlich auch erleichtert.“

Karin Knappe ließ sich aufstellen und wurde gewählt. Schon drei Jahre später hatte sie den Vorsitz des Konzernbetriebsrats inne. Voriges Jahr wurde sie, nachdem die frühere Betriebsratsvorsitzende ausgeschieden war, in den Aufsichtsrat bestellt. Ihre Entscheidung zum Wechsel des Karrierepfades hat sie nie bereut. „Ich habe jetzt nicht mehr nur die enge Perspektive des Arbeitsschutzes, sondern bin an den für das gesamte Unternehmen wichtigen Themen mit dran“, erzählt sie. Besonders freut sie sich, „dass wir – bis auf einen Komba-Vertreter – die gesamte Arbeitnehmerbank mit Verdi-Leuten besetzt haben“. 

Im Aufsichtsrat kommt Karin Knappe ihr Wissen aus dem Studium insbesondere bei den Aussprachen über die Personalpolitik zugute. Mit der Personalvorständin Julia Kranenberg diskutiert sie auf Augenhöhe: Wie machen wir die Fraport AG als Arbeitgeber noch attraktiver – für junge High Potentials, aber auch für die älteren Beschäftigten, die man möglichst lange an Bord halten will? Wie können wir Menschen vor zu viel Arbeit schützen? Was können wir tun, um sie trotz hoher Anforderungen gesund zu halten? „Da bin ich dann wiederum mit meiner Erfahrung als Arbeitsschützerin gefragt“, sagt sie. Freilich gibt es auch Themen, mit denen sie sich schwertut – Finanzen etwa. „Im Studium hieß es bei Betriebswirtschaft immer ‚Vier gewinnt‘, also eine Vier in der Klausur reicht zum Weiterkommen. Heute bereue ich das. Hätte ich damals mehr in diese Fächer investiert, würde mir heute einiges leichterfallen.“

Im Aufsichtsrat herrsche ein respektvoller Umgang zwischen den Vertretern von Kapital und Arbeit. In der nächsten Zeit, vermutet sie, „könnte es im Aufsichtsrat richtig spannend werden“. Sie erwartet „vielleicht die eine oder andere verwegene Idee“ des Arbeitgebers. Das Ansinnen einer Ausgliederung von Konzernbereichen in kleine Schnellboote mit flachen Hierarchien etwa – um die Attraktivität für junge Bewerber zu steigern. „Damit schrumpfen wir die Konzernmutter klein“, baut sie schon mal vor und dreht den Spieß um: „Die Beschäftigten haben in der Pandemiezeit so viel Loyalität zum Unternehmen gezeigt – diese Loyalität fordern wir jetzt vom Vorstand ein. Zeigt Wertschätzung, zeigt Respekt vor dem, was eure Mitarbeiter während der Coronazeit geleistet haben.“ 

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