Quelle: Frank Rumpenhorst
Magazin MitbestimmungPorträt: Wir bestimmen mit
Ulrich Sekzinski-Treichel, Aufsichtsrat bei der Strabag. Von Maren Knödl
Als Fernmeldehandwerker merkte Ulrich Sekzinski-Treichel schnell, dass es Dinge gab, die ihm besser lagen als das Löten. Organisieren und Vermitteln waren seine Stärken. Heute sitzt er im Aufsichtsrat der Strabag AG und der Strabag Property and Facility Services GmbH. Angefangen, sich zu engagieren, hat er in der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Er war dabei, als die Deutsche Telekom sich 1995 von der Deutschen Bundespost abspaltete und entschied, sich auf Fernmeldetechnik zu konzentrieren. Rund 12 000 Mitarbeiter wurden damals für die Immobilienverwaltung abgestellt mit dem Ziel, den Bereich mittelfristig zu verkaufen. Im Jahr 2008 fand sich mit der österreichischen Strabag, einem der größten Bauunternehmen Europas, dann ein Käufer. „Damals funktionierte die Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und der Unternehmensführung“, erinnert sich der Gewerkschafter. Doch in der Branche hat sich einiges geändert. Die Auseinandersetzungen mit der Unternehmensführung seien härter geworden, sagt er. Einer der Gründe, warum der 61-Jährige nicht wieder für den Aufsichtsrat kandidiert.
„Harte Verhandlungen können die Jüngeren besser, und es ist glaubhafter, als wenn ich auf einmal den Neinsager mache. Das bin ich einfach nicht.“ Seine Maxime war es stets, Lösungen für die Beschäftigten zu finden. „Bagger und Sand kann man überall bestellen“, sagt er, „qualifizierte Mitarbeiter sind nicht so einfach zu ersetzen, wie viele Unternehmer annehmen.“ Politisiert wurde der geborene Bochumer in der Hausbesetzerszene. Mit dem Vater, der oft mit Bild-Zeitung auf der Couch saß und Fußball schaute, habe es viele Konflikte gegeben, erzählt er. Er zog früh aus und wollte sein Leben selbst gestalten. Mit Freunden wohnte er in einer besetzten Buchbinderei. Als kurz darauf seine Ausbildung begann, war für ihn klar, dass er sich auch in der Berufswelt engagieren wollte, statt die Dinge einfach hinzunehmen, wie sie waren.
Als 2019 die Strabag die Exklusivität bei der Telekom verlor und diese ihr Facility-Management an den dänischen Konkurrenten ISS abgab, war das ein schwieriger Moment, sagt der Verdi-Gewerkschafter. Zwar wurde die Überführung von rund 3000 Strabag-Mitarbeitern zur ISS gut geregelt, die Mantel- und Entgelttarifverträge wurden inhaltsgleich übernommen. Allerdings kam das Unternehmen in der Folgezeit in finanzielle Schwierigkeiten: Der Konzern schrieb 2020 Verluste, auch die Prognose für 2021 fällt negativ aus. Anfang 2021 forderte die ISS Verdi zu Verhandlungen für einen Sanierungstarifvertrag auf. Sekzinski-Treichel sieht den Grund dafür unter anderem im Dumping in der Branche. Dienstleistungen würden oft zu billig angeboten, sagt er, und die Qualität könne nicht mehr eingehalten werden. Am Ende bezahlten die Arbeitnehmer diese Fehler.
Platz für Nachfolger gemacht
Keine einfachen letzten Jahre für den Arbeitnehmervertreter. Die Pandemie und ein Jahr Online-Sitzungen haben ihr Übriges dazu beigetragen. „Mir fehlen die Gesichter und Reaktionen. Viele Prozesse sind sehr sachbezogen und ergebnisorientiert geworden“, sagt Sekzinski-Treichel. Deswegen ist er vor drei Monaten als Vorsitzender des Betriebsrats zurückgetreten. Ein Jahr früher als geplant macht er nun auch Platz für einen Nachfolger im Aufsichtsrat: „Ich habe erkannt, dass es auch ein Familienleben gibt“, sagt er. „Hier möchte ich in Zukunft mehr Zeit investieren.“