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Magazin Mitbestimmung

Bahn: „Uns fehlt eine Generation von Instandhaltern“

Ausgabe 09/2014

Ralf Ingwersen, 58, Betriebsratsvorsitzender von DB Netz in Hamburg, zuständig für die Instandhaltung, findet, dass die Bahn nun Fehler der Vergangenheit ausbügeln muss.

Bei der Bahn kümmern sich rund 15.000 Instandhalter um Gleise, Signale und Oberleitungen. Was die Arbeitsbedingungen angeht, sind wir generell auf einem guten Weg. Aber wir leiden noch unter dem Sparkurs, den die Bahn bis vor fünf Jahren gefahren hat. Davor wurden fast acht Jahre lang kaum Instandhalter ausgebildet. Das hat eine Personallücke gerissen. Uns fehlt eine Generation. Die gleiche Menge an Arbeit muss also mit weniger Kollegen geleistet werden. Außerdem haben sich die Strukturen im Konzern geändert. Es wird mehr Druck ausgeübt als zu Behördenzeiten. Arbeiten sollen schneller und kurzfristiger erledigt werden. Darüber stöhnen viele. 

Aber seit vier, fünf Jahren herrscht eine völlig neue Personalpolitik. Jetzt werden endlich wieder Mitarbeiter gesucht. Bei uns in Hamburg arbeiten 900 Kollegen, im vergangenen Jahr sind 90 neue Mitarbeiter eingestellt worden: Ingenieure, Facharbeiter und Azubis. 

Viele der Neuen werden uns aber leider erst in einigen Jahren entlasten. Denn wer beispielsweise als Elektroniker für Betriebstechnik arbeiten will, braucht sehr lange, um voll einsatzfähig zu sein. Zu den gut drei Jahren Ausbildungszeit kommen vier Jahre Einarbeitung, weil der Job deutlich vielseitiger ist als früher. Hier in Hamburg gibt es noch Schranken mit Drahtseilzug. Solche Mechanik will genauso beherrscht werden wie ein komplett computergesteuertes Stellwerk. Dabei wird es höchste Zeit, dass endlich junge Leute nachrücken. Das Durchschnittsalter bei DB Netz liegt bei 47 Jahren. Bereitschaftsdienste, die mit Schichtarbeit einhergehen, fallen Älteren oft schwer. Völlig klar, dass auch gerade sie nicht mehr alle erforderlichen Arbeiten eines Instandhalters ausführen können, zum Beispiel auf Oberleitungsmasten klettern. Wir müssen aber zusehen, dass an jedem Standort alle Qualifikationen verfügbar sind. Daher kommt es häufiger zu Versetzungen als früher.

Natürlich haben sich die Einsparungen früherer Tage auch auf die Infrastruktur ausgewirkt. Der Bund gibt zudem weiterhin zu wenig für laufende Instandhaltungen aus. Weichen und Gleise sind daher oft in schlechtem Zustand. Das bedeutet für unsere Leute Mehrarbeit. Eine weitere Folge: Ingenieure übernehmen nur ungern die Verantwortung für Weichen oder Projekte, wenn sie wissen, dass sie mit unzureichenden Budgets auskommen müssen. Deshalb haben wir es schwer, Ingenieure zur Bahn zu locken. 

Während der Sparjahre sind viele Werkstätten dicht gemacht worden, andere wurden nicht instand gehalten. Daher entsprechen viele von ihnen nicht der Arbeitsstättenverordnung. Das sieht man beispielsweise an Sozialräumen, die heutige Standards nicht mehr erfüllen. Allerdings gelingen Verbesserungen heute schneller als zu Behördenzeiten. Da musste man, überspitzt gesagt, schon einmal anderthalb Jahre auf einen neuen Schreibtischstuhl warten. Diese Mentalität gibt es bei DB Netz nicht mehr.“

Textdokumentation: Andreas Schulte 

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