Quelle: HBS
Magazin Mitbestimmung: Rätselhaftes Fundstück
Wie kommt man als Arbeiter nach Deutschland? Die Broschüre der türkischen Anstalt für Arbeit aus dem Jahr 1963 gibt dafür praktische Tipps wie diesen: „Kommt pünktlich und geht pünktlich. Lasst euch nie krankschreiben, außer wenn es gar nicht anders geht.“...
...Über die politische Lage heißt es: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein nationalistischer Staat. Die dort lebenden Deutschen, sind, genau wie wir Türken, Nationalisten und Feinde des Kommunismus.“
Im Oktober 1961 haben die Türkei und die Bundesrepublik Deutschland ein Anwerbeabkommen beschlossen. Deutsche Firmen werben schon seit 1959 zahlreiche Türken an; private Vermittler unterstützen Reisewillige gegen Gebühr. Doch die türkische Regierung will die „obskuren Büros“ ausschalten und die Kontrolle darüber behalten, wer ausreisen darf. Sie hofft auch auf Devisen und auf einen Zugewinn an technischem Know-how, wenn die Arbeiter in die Heimat zurückkehren. Zudem drängen die USA die Europäer darauf, den Verbündeten am Bosporus zu stärken – als Gegenleistung für die Aufstellung von US-Atomraketen unweit von Izmir.
Die deutsche Seite ist unschlüssig. Sie will keine außereuropäischen Arbeitskräfte aufnehmen. Andererseits melden die Arbeitgeber, die türkischen Arbeiter hätten sich „überraschend schnell in die deutschen Betriebe und die deutschen Verhältnisse eingewöhnt“ und leisteten „wertvolle Arbeit“.
So kommt eine Regelung zweiter Klasse zustande. Anders als mit Italien, Griechenland und Spanien wird eine Begrenzung auf zwei Jahre vereinbart, Familiennachzug ausgeschlossen. Im Juli 1961 nimmt die deutsche Verbindungsstelle in Istanbul die Arbeit auf. Nach türkischen Presseberichten wird sie „von türkischen Arbeits- und Auskunftsuchenden geradezu überschwemmt und belagert“. Die boomende deutsche Wirtschaft kann zu dieser Zeit jede Menge Arbeitskräfte gebrauchen. Andere Länder, die ebenfalls Interesse angemeldet haben, kommen gar nicht zum Zuge – vor allem Marokko fühlt sich durch die Bevorzugung der Türkei brüskiert.
Text: FRANK AHLAND/Foto: Ruhrmuseum/Jens Nober; Repro: Kay Meiners
DIE RÄTSELFRAGEN
-
In welcher deutschen Stadt gründete sich 1962 der erste türkische Arbeitnehmerverein?
-
Welcher Journalist gab sich als Türke Ali aus und schrieb 1985 das Buch „Ganz unten“?
-
In welchem Jahr beschloss der Bundestag einen Anwerbestopp für Gastarbeiter?
Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 1. Dezember bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.
Preise
1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro
2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 30 Euro
Schicken Sie uns die Lösung
Redaktion Mitbestimmung, Hans-Böckler-Straße 39, 40476 Düsseldorf; E-Mail: redaktion@boeckler.de
Fax: 0211/7778-225
Auflösung der Rätselfragen 10/2011
Zuchthausvorlage – Saarländischer Rundfunk – Neunkirchen
Den 1. Preis hat Gesine Seibert aus Weisenheim gewonnen.
Je einen Gutschein im Wert von 30 Euro erhalten Jörg Neuheiser aus Tübingen, Robert K. Weber aus Bonn und Stefan Bamberg aus Berlin.