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Türkische Mannesmann-Beschäftigten beladen Wagen für die Rückkehr Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: „Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“

Ausgabe 04/2023

Im Jahr 1984 kehren viele türkische „Gastarbeiter“ mit ihren Familien in ihre Heimat zurück. Grund dafür ist ein Gesetz der Bundesregierung, das die Rückkehr belohnt. Das Unternehmen Mannesmann nutzt die Regelung, um Personal abzubauen. Von Sophie Deistler

Es ist der 8. Februar 1984. Entlang der Straßen der Arbeitersiedlung in Duisburg-Hüttenheim türmt sich der Sperrmüll. Männer, Frauen und Kinder verladen ihre Habseligkeiten und Möbel in Lastwagen. 903 Familien verlassen an diesem Tag ihre Wohnungen, um in die Türkei zurückzukehren. Die „Gastarbeiter“ beim Rohrbauer Mannesmann haben die Rückkehrhilfe der Bundesregierung angenommen.

Die regierende Koalition aus CDU/CSU und FDP unter Bundeskanzler Helmut Kohl hat im November 1983 das „Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern“ erlassen. Nach den Ölpreisschocks der 1970er Jahre steigt Anfang der 1980er Jahre die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik stark an, besonders unter türkischen Arbeitsmigranten. Das Gesetz soll Arbeitsplätze für Deutsche freimachen. Jeder ausländische Beschäftigte, der freiwillig das Land verlässt, bekommt seinen Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Krankenversicherung ausbezahlt. Wer wegen Betriebsstilllegungen arbeitslos wird oder in Kurzarbeit geht, bekommt darüber hinaus 10.500 Mark aus dem Bundeshaushalt sowie zusätzlich 1500 Mark für jedes minderjährige Kind. Die Rückkehrer müssen Deutschland innerhalb von vier Wochen verlassen, ansonsten werden Abzüge in Höhe von 1500 Mark pro Monat fällig.

Die meisten Unternehmen nutzen das Gesetz zum Personalabbau. So auch Mannesmann. Das Unternehmen bietet den „Gastarbeitern“ an, zusätzlich ihre Betriebsrente auszuzahlen, wenn sie in die Türkei zurückkehren. Um im Betrieb zu bleiben, müssen die Arbeiter einen Deutschtest bestehen. Wer durchfällt, wird ohne Betriebsrente entlassen. Viele nehmen daher das Angebot an.

Der Fotograf Manfred Vollmer hält den Exodus der türkischen Mannesmann-Beschäftigten und ihrer Familien fest. Die Stimmung am 8. Februar 1984, erinnert sich Vollmer, ist keineswegs euphorisch: „Die Rückkehrer waren vor allem ängstlich.“ Viele lebten schon seit 20 Jahren in Deutschland. Ihre Kinder waren hier geboren und kannten die Türkei nur aus dem Urlaub. Mit der finanziellen Hilfe der Bundesregierung versuchen die meisten Rückkehrer, sich selbstständig zu machen. Das gelingt nur wenigen. „Viele bereuten ihre Entscheidung im Nachhinein“, so Vollmer, „aber nach Deutschland zurückkehren konnten sie nicht mehr.“


Rätselfragen

  1. Aus welchem Land stammte der einmillionste Gastarbeiter, der 1964 in der Bundesrepublik ankam?
  2. In welchem Jahr verkündete die Bundesregierung einen Anwerbestopp für Gastarbeiter?
  3. Was soll heute in den Gebäuden der Arbeitersiedlung in Duisburg-Hüttenheim entstehen?

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Auflösung der Rätselfragen 3/2023 

  • Stalinallee
  • 30. Juni 1953
  • Erich Mielke
     

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