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Magazin Mitbestimmung

: Ökologie zum Mitmachen

Ausgabe 09/2008

BETRIEBSRÄTE Ressourcen und Energie zu sparen - das war früher Sache des Managements. Im Netzwerk Ressourceneffizienz, das das Umweltministerium ins Leben gerufen hat, können sich auch Betriebsräte beteiligen.

Von SUSANNE KAILITZ, Journalistin in Dresden

Das Ziel ist hoch gesteckt: Nicht weniger als die "ressourceneffizienteste Volkswirtschaft der Welt" soll Deutschland im Jahr 2020 sein, geht es nach dem Willen von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Möglich machen soll das ein "ökologischer New Deal", der vor allem auf eine effizientere Verwendung von Materialien und Energie abzielt. Doch wie stark die Industrie sich auf dieses Sparprogramm einlässt, wird weniger von optimistischen Titeln abhängen, sondern vor allem davon, ob sich die Unternehmen darin auch kurz- und mittelfristig Vorteile versprechen.

Weil das ziemlich wahrscheinlich ist, haben Programme, die sich die Ressourceneffizienz zum Schwerpunkt gemacht haben, derzeit Hochkonjunktur. Das vom Umweltministerium ins Leben gerufene Netzwerk Ressourceneffizienz hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft ins Boot zu holen, um aufzuzeigen, wie künftig schonender mit Energien und Rohstoffen umgegangen werden kann. Aus dem Netzwerk, das vom Ministerium als "Ideenplattform" verstanden wird, sind bereits zwei konkrete Projekte hervorgegangen, in die Unternehmen und Belegschaften gleichermaßen involviert sind.

Die IG Metall hat Ende 2007 gemeinsam mit dem Umweltministerium und dem Gesamtverband der Aluminiumindustrie den Sozialpartnerschaftlichen Branchendialog zur Ressourceneffizienz gestartet. Im Mai 2008 fiel außerdem der Startschuss für ein gemeinsames Projekt des Ministeriums, des DGB und des DGB Bildungswerks mit dem Titel "Ressourceneffizienz im Betrieb", das branchenübergreifend Betriebsräte zu Effizienzexperten ausbilden will. 600.000 Euro umfasst das Budget dafür, getragen vom Ministerium und vom Bildungswerk.

"Bislang war in die Überlegungen, wie in Betrieben ressourceneffizienter gearbeitet werden kann, eher das Management einbezogen, nicht aber die Belegschaft", erklärt Heike Kauls, Bereichsleiterin für Energie- und Umweltpolitik beim DGB-Bundesvorstand. Gerade für Betriebsräte seien aber diese Einsparmöglichkeiten ein wichtiges Aufgabengebiet: "Normalerweise wird immer gleich an die Personalkosten gedacht, wenn gespart werden muss, dabei machen die höchstens 20 Prozent der Gesamtkosten aus. Für uns gilt deshalb: Kein Arbeitsplatzabbau, solange nicht alle Potenziale der Ressourceneffizienz ausgeschöpft sind."

Fünf bis zwanzig Prozent der Kosten lassen sich sparen_ Und da gibt es einige: Werden Verschnitt und Ausschuss möglichst verhindert, Werkstoffe verstärkt recycelt und Maschinen und Konstruktionen optimal ausgenutzt, lässt sich bares Geld sparen. Dies ist die Erkenntnis des Leiters der Effizienzagentur Nordrhein-Westfalen, Peter Jahns. "Wir haben bislang 550 Unternehmen bei der Frage beraten, wie sie effizienter mit ihren Ressourcen haushalten können - in 98 Prozent der Fälle konnten wir ganz konkrete Maßnahmen aufzeigen, in denen sich je nach Bereich zwischen fünf und 20 Prozent der Produktionskosten einsparen lassen."

Er war selbst überrascht, wie viele Möglichkeiten zum Sparen sich gerade in der Lebensmittelverarbeitung fanden. "Da wurden Flaschen dreifach mit teurem Trinkwasser gespült. Jetzt werden zwei Spülgänge mit synthetischem Wasser durchgeführt und nur einer mit echtem Trinkwasser. Das ist viel billiger." Vom Ansatz des DGB-Kooperationsprojektes ist Jahns überzeugt. "Wer direkt an der Maschine steht, weiß, wo es Möglichkeiten für Verbesserungen gibt. Und wenn dann ein Mitarbeiter speziell geschult ist und als Sprachrohr zwischen Belegschaft und Unternehmensleitung fungiert, kommt das allen zugute."

Die Mitarbeiter profitierten dabei nicht nur von der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe: "Wenn weniger Lösemittel oder Mineralöle verwendet werden, macht das auch die Arbeitsplätze sauberer - und das spüren die Leute direkt." Für Klaus Derks, Betriebsrat der Evonik Degussa GmbH in Marl, ist es deshalb klar, dass er mitmacht. "Gerade die Chemieindustrie wird ja immer verdächtigt, unsauber und wenig umweltschonend zu arbeiten. Deshalb ist es in meiner Branche ein ganz wichtiges Thema zu zeigen, dass es auch anders geht."
Er sagt, in seinem Konzern habe man bereits viele gute Erfahrungen mit dem effizienten Einsatz von Ressourcen gemacht. Bei der Acrylsäure-Produktion etwa entstünden pro Stunde rund 50 Tonnen Dampf. Der werde im Verbundstandort für Produktionsprozesse in anderen Unternehmen genutzt. Doch Derks will sich nicht auf diesen Synergieeffekten ausruhen. "Da gibt es sicher noch ganz andere Möglichkeiten, auf die wir noch nicht gekommen sind - manchmal sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht. In dem Kooperationsprojekt können wir unsere Erfahrungen vorstellen und hoffentlich auch von denen anderer Unternehmen profitieren."

Doch bis Betriebsrat Derks einmal ein Zertifikat in den Händen hält, das ihn als Effizienzexperten ausweist, wird es noch eine Weile dauern. "Wir stehen noch am Anfang", sagt Jürgen Hoffmann, Leiter des Projekts beim DGB-Bildungswerk. Ziel ist aber ein formaler Abschluss. "Viele Unternehmensleitungen unterstellen ihren Mitarbeitern nicht unbedingt die nötige Kompetenz, wenn es darum geht, realistische Einsparpotenziale zu entwickeln." Ein Zertifikat könnte da helfen.

Der Zeitplan sieht zunächst vor, im ersten Jahr branchenübergreifend über das Projekt und das Thema Ressourceneffizienz zu informieren, dann sollen branchenspezifische Empfehlungen entwickelt und schließlich konkrete Unternehmensprojekte gestartet werden. Helmut Japes, Betriebsratsvorsitzender beim Allendorfer Heizgerätehersteller Viessmann, könnte einer der Ersten sein, die dann mitmachen.

Er ist stolz darauf, dass es in seinem Unternehmen ein gut funktionierendes betriebliches Vorschlagswesen gibt. "Im letzten Jahr hat es fast 12?000 Verbesserungsvorschläge gegeben." Das DGB-Projekt hält er für eine "absolut sinnvolle Geschichte". Für ihn ist längst klar, dass es zum besseren Einsatz von Ressourcen keine Alternative gibt: "Wer sich hier nichts einfallen lässt, ist über kurz oder lang hintendran."

Mehr Informationen

Wer kann teilnehmen?
Angesprochen sind Betriebsräte und Vertrauensleute, die das Thema Ressourceneffizienz in ihrem Betrieb verankern wollen. Kommt es dann zu konkreten Projekten, können alle Arbeitnehmer des Unternehmens teilnehmen.

Wie läuft es?
Gemeinsam mit der Belegschaft, der Unternehmensleitung und externen Experten sollen Potenziale für den sparsamen Einsatz von Material und Energie erschlossen werden. Später soll es Qualifizierungsmaßnahmen geben.

An wen muss man sich wenden?
Kontakt:
DGB Bildungswerk e.V.
Projekt Ressourceneffizienz
Hans-Böckler-Straße 39
40476 Düsseldorf
Telefon: 02?11/43?01-270
Fax: 02?11/43?01-500
E-Mail: evelyn.rief@dgb-bildungswerk.de
http://www.betriebsratsqualifizierung.de/

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