Quelle: FES
Magazin MitbestimmungRätselhaftes Fundstück: Mit der Zeitung zur Gewerkschaft
Für uns heute sieht der „Correspondent“ nicht aus wie ein politisches Blatt. Tatsächlich wirbt die Zeitung der Buchdrucker für die gewerkschaftliche Organisation. Von Marc von Lüpke
Johannes Gutenberg, der als Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern aus Metall gilt, ziert den Kopf einer neuen „Wochenschrift für Deutschlands Buchdrucker und Schriftgießer“, die in Leipzig gemacht wird und erstmals am 1. Januar 1863 erscheint. Die brennende Fackel, die Gutenberg – auf einer Weltkugel stehend – hält, ist ein Symbol der Aufklärung und der Emanzipation. Solche Zeitungen waren kurz davor noch verboten.
Möglich wird die Gründung dieser Abonnentenblätter erst 1861 durch die Aufhebung des Versammlungs- und Koalitionsverbots im Königreich Sachsen, das die Arbeiter seit der Revolution von 1848 in Schach halten soll. Damals hatten die Drucker bereits eine Zeitung namens „Gutenberg“ begründet, die allerdings 1851 eingestellt wurde. Nach der Aufhebung des Koalitionsverbots wird der „Fortbildungsverein für Buchdrucker“ gegründet, der die Herausgabe des „Correspondenten“ unterstützt.
Was ist das Ziel einer solchen Zeitung, die sich noch stark an amtliche Mitteilungsblätter, sogenannte „Intelligenzblätter“, anlehnt? Zwischen Stellenangeboten, Todesanzeigen und technischen Artikeln geht es darum, vom jetzt liberalen Sachsen aus eine „Communication“ der Leser in ganz Deutschland sowie die Vernetzung und Solidarisierung der Berufskollegen zu fördern. Im Jahr 1866 wirbt die Redaktion für die Teilnahme am Deutschen Buchdruckertag, wo der Verband der Deutschen Buchdrucker gegründet wird, eine Vorläuferorganisation von ver.di. Der „Correspondent“ wird zum Mitteilungsblatt der neuen Gewerkschaft, das immer wieder Krisenzeiten durchzustehen hat. Zur Zeit von Bismarcks Sozialistengesetz wird auf Themen politischer Natur verzichtet.
Im Jahr 1923 sorgen Hyperinflation und steigende Arbeitslosigkeit für einen dramatischen Einbruch der Abonnentenzahlen für das Blatt, das sich seit Längerem „Korrespondent“ schreibt.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 werden die freien Gewerkschaften am 2. Mai zerschlagen, der „Korrespondent“ schließlich eingestellt. Erst 1947 erscheint er wieder in der britischen Zone. Doch als ein Jahr darauf, 1948, die IG Druck und Papier in München gegründet wird, beschließen die Delegierten, dass ihre Zeitung „Druck und Papier“ heißen soll. In der DDR erscheint noch bis in die 1960er Jahre ein „Korrespondent“.
Rätselfragen
Wie lautet der eigentliche Familienname von Johannes Gutenberg?
In welchem Jahr wurde das sogenannte Sozialistengesetz verabschiedet?
In welcher Stadt trat nach der Revolution von 1848 die gewählte Nationalversammlung zusammen?
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