Quelle: Karsten Schöne
Magazin MitbestimmungAltstipendiat: Der Kulturvermittler
Robert Schmidt arbeitet als Journalist im deutsch-französischen Grenzgebiet. Als „Grenzgänger“, dessen Beiträge in Medien beider Länder erscheinen, versucht er, zwischen den beiden Öffentlichkeiten zu vermitteln.
Von DIRK MANTEN
Club de la Presse, Place Kléber, im Herzen der elsässischen Metropole Straßburg: Robert Schmidt, 32, sitzt in einem auch für Pressekonferenzen genutzten Raum und berichtet von seinem „bislang größten publizistischen Erfolg“ – der „Vittel-Story“. Auf der Grundlage des Tipps eines Informanten hat Schmidt recherchiert, dass der Nahrungsmittelkonzern Nestlé, zu dem auch die Mineralwassermarke Vittel gehört, durch übermäßige Wasserentnahme in der ostfranzösischen Gemeinde Vittel eine Wasserknappheit verursacht, die jetzt mit dem Import von Trinkwasser aus anderen Regionen ausgeglichen werden soll. Auf Kosten der Einwohner, nicht des Lebensmittelmultis.
Mit seiner Recherche hat Schmidt ein großes Medienecho erzeugt – in der Schweiz, in Frankreich und auch in Deutschland. Die „Zeit“ veröffentlichte einen Artikel des jungen Journalisten, das ZDF-Magazin „Frontal21“ brachte einen viel beachteten Beitrag auf der Grundlage seiner Vorarbeiten. An der „Vittel – Story“ lässt sich auch das journalistische Selbstverständnis von Robert Schmidt illustrieren: „Ich wollte immer schon hinter die Sachen blicken“, erläutert der geborene Leipziger. „Journalismus bietet zudem die Chance der Einflussnahme auf gesellschaftliche Entwicklungen und der Interessenvertretung von Menschen, die ansonsten kein Gehör fänden, wie etwa der Einwohner von Vittel“.
Dass das Verfassen von Texten eine wichtige Rolle in Schmidts Leben spielen würde, zeichnet sich früh ab. Bereits als Schüler nimmt er regelmäßig an der Schreibwerkstatt des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) im Haus der Kultur in Leipzig teil – „ich bin dort zehn Jahre lang hingegangen“. Hier lernt er sich schriftlich auszudrücken, übt sich in Kurzgeschichten und Reportagen. Nach dem Abitur folgen erste journalistische Gehversuche: Praktikum beim Lokalsender TV Halle, Redakteur beim studentischen Lokalsender Radio Mittweida. An der dortigen Hochschule erwirbt er einen Bachelorabschluss in Medienmanagement.
Der angehende Journalist wird freier Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur und schreibt sich für den Masterstudiengang European Studies an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder ein, den er später am Institut d´Etudes Politiques de Lyon in Frankreich erfolgreich abschließt. Während seines Masterstudiums erhält Schmidt ein Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung. Den Zugang zur Gewerkschaft hat er gleichfalls in der Leipziger Schreibwerkstatt gefunden, die von Regine Möbius, der heutigen stellvertretenden Bundesvorsitzenden des Schriftstellerverbandes, geleitet wurde. Hier wird Robert Schmidt Mitglied der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, beteiligt sich an Demonstrationen und arbeitet in gewerkschaftlichen Gremien mit.
Nach dem Abschluss seiner Studien arbeitet er als freier Journalist in Lyon, macht ein Volontariat bei der „Saarbrücker Zeitung“. Seit 2017 ist Schmidt als freier Journalist in Straßburg tätig, schreibt unter anderem regelmäßig für die „Mittelbadische Presse“ über Frankreich, veröffentlicht aber auch Beiträge für die FAZ oder den österreichischen „Standard“. Zuletzt kann sich der Journalist auch erste Meriten im Fernsehen erwerben als Co-Autor der ARTE-Dokumentation „Interpol: Wer regiert die Weltpolizei?“
Vorwiegend schreibt Schmidt, der in seiner Freizeit gerne reist und wandert, jedoch über „grenzüberschreitende Themen“ im Nahbereich, wie Umweltverschmutzung, Rechtsradikalismus oder Regionalentwicklung diesseits oder jenseits des Rheins, sieht sich selbst als „Grenzgänger“ und betreibt auch einen Twitter–Account dieses Namens. „Mir ist wichtig, durch meine Arbeit zwischen den unterschiedlichen Öffentlichkeiten zu vermitteln. Ich will das Verbindende herausstellen, die gemeinsame europäische Dimension“, fasst Robert Schmidt seine Intention zusammen.
Diese europäische Dimension lebt er auch in der Zusammenarbeit mit anderen Journalisten in dem Kollektiv „WeReport“, in dem Medienschaffende aus unterschiedlichen Ländern zusammenarbeiten. Den Arbeitsort Frankreich hat der Deutsche dabei zwischenzeitlich sehr zu schätzen gelernt: „Zunächst bin ich vor allem aus Abenteuerlust nach Frankreich gegangen, war auch fasziniert von der expressiven politischen Kultur hier, mit ihren Straßenblockaden und den harten Streikauseinandersetzungen. Mittlerweile mag ich neben der politischen auch die Genusskultur, den Wein, den Käse und das Lebensgefühl.“
Aufmacherbild: Karsten Schöne