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Hamburger Bahnhof in Berlin Magazin Mitbestimmung

Events: Immer am Puls der Zeit

Ausgabe 05/2022

Das WSI lädt zum Herbstforum nach Berlin. Zum Auftakt wird Bundeskanzler Olaf Scholz die Festrede halten. Von Andreas Molitor

Ein Meilenstein für das demokratische Nachkriegsdeutschland feiert seinen 70. Geburtstag – und der Bundeskanzler gibt sich persönlich die Ehre: Mit einer Festrede wird Olaf Scholz am 7. November an das Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahr 1952 erinnern – und sicher auch der Frage nachgehen, wie die demokratische Beteiligung der Beschäftigten am Arbeitsplatz in Zukunft gesichert und weiterentwickelt werden kann.

Der gemeinsame Festakt des DGB und der Hans-Böckler-Stiftung im Museum Hamburger Bahnhof im Berliner Stadtteil ­Moabit ­markiert den Auftakt zum diesjährigen Herbstforum des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, das im Cafe Moskau stattfindet. Wann immer die Forscherinnen und Forscher des WSI mit externen Wissenschaftlern zum Herbstforum zusammenkamen, mit ihren Leitthemen war die international beachtete Veranstaltung seit der Premiere im Jahr 1993 stets ein Spiegel aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen. „Marx und Keynes – haben ihre Lehren noch Bedeutung?“: Unter diesem Motto lud das WSI seinerzeit erstmals zum Herbstforum. Damals, im elften Jahr der christlich-­liberalen Regierung unter Helmut Kohl, hatten marktliberale Auffassungen in der Ökonomie eine scheinbar unerschütterliche Dominanz errungen. Später folgten Herbstforen zur Europäischen Währungsunion (2001), zur Zukunft des Sozialstaats im Zeichen der Hartz-Gesetze (2005), zur Finanz- und Eurokrise (2012 und 2013) oder zur Krise der Solidarität im Angesicht der Coronapandemie (2021).

In diesem Jahr lädt das WSI die Kolleginnen und Kollegen der wirtschafts- und sozial­wissenschaftlichen Community unter dem Titel „Demokratie in Arbeit“ nach Berlin. „Demokratie muss gelebt werden, um sich entfalten und wirksam werden zu können“, heißt es in der Einladung. „In welchem Ausmaß Menschen dies wirklich können und wollen, hängt auch davon ab, unter welchen Bedingungen sie arbeiten und ob in der Erwerbsarbeit selbst Demokratie gelebt wird.“ Demokratische Gesinnung und gesellschaftliche Teilhabe ergeben sich nicht von selbst, sie sind – sowohl in der Erwerbsarbeit als auch andernorts in der Gesellschaft – sozusagen immerzu „in Arbeit“. So hat die WSI-Forschung festgestellt, dass insbesondere seit dem Beginn der Coronapandemie das Vertrauen der Menschen in demokratische Institutionen nachgelassen hat und dass gesellschaftlicher Zusammenhalt ein Stück weit verloren gegangen ist.

Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des WSI, wird zu Beginn einen Akzent setzen, die Kategorie des „arbeitenden Souveräns“ vorstellen sowie die Frage erörtern, welche „industriellen Staatsbürgerrechte“ dieser Souverän benötigt, damit Erwerbsarbeit auch unter den Bedingungen der Digitalisierung und der sozial-ökologischen Transformation ein Ort demokratischer Integration sein kann.

Mit Spannung darf der Vortrag des CDU-Europaparlamentariers Dennis Radtke erwartet werden, der seine Ideen zur Weiterentwicklung der Arbeitnehmerrechte im europäischen Kontext vorstellen wird. Weitere Themen sind die Bedingungen, unter denen Mitbestimmung in der Plattformarbeit, etwa bei Lieferdiensten wie Lieferando, gelingen kann, sowie Kontinuitäten und Diskontinuitäten der betrieblichen Mitbestimmung.

Zwischen den Panels und Diskussionen gibt es Gelegenheit zum visuellen Eintauchen in die Realität schlecht entlohnter Knochenarbeit. Der Dokumentarfilm „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ über die Ausbeutung von Leiharbeitern in deutschen Schlachthöfen dürfte reichlich Anlass zur Diskussion bieten. Die Regisseurin Yulia Lokshina wird vor Ort sein.

Das WSI-Herbstforum findet am 8. November in Berlin sowie online statt.

Anmeldung bis zum 1. November 
Separate Anmeldung zum Festakt am 7. November 

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