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Magazin Mitbestimmung

Expertise: Im Einsatz für gute Arbeit

Ausgabe 10/2014

Was machen eigentlich die Männer und Frauen, die in der Abteilung Mitbestimmungsförderung in der Hans-Böckler-Stiftung arbeiten? Wir durften für dieses Heft bei einigen Besprechungen und Terminen dabei sein. Von Kay Meiners

Düsseldorf, 27. August

„Gute Unternehmensführung ist mitbestimmte Unternehmensführung. Dieses Denken muss auch im europäischen Gesellschaftsrecht verankert werden. Das ist eine Weichenstellung für die Zukuft der deutschen Mitbestimmung.“ Davon ist Norbert Kluge, der Leiter der Abteilung, überzeugt. Auf einer kurzen Besprechung im Haus informiert er: „Unsere nächste Sitzung findet in Brüssel statt, ich berichte mal kurz, wie weit wir mit den Vorbereitungen sind.“ 

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich einzumischen. Denn jetzt nehmen das neu gewählte Europäische Parlament und die neue Kommission an Fahrt auf. Im direkten Kontakt mit der Arbeitsebene in Brüssel lassen sich die Bedeutung und Interventionschancen besser einschätzen: Wie lassen sich Anliegen für sichere Arbeitsplätze und Standorte durch europäische Struktur- und Industriepolitik, durch gesetzliche Rahmensetzung für Sozialstandards und Mitbestimmung im europäischen Binnenmarkt wirksam platzieren? Was können Europäische Betriebsräte für nachhaltige Unternehmensführung leisten? Wie können wir die Mitbestimmung im europäischen Gesellschaftsrecht verteidigen? Mit Stefan Gran, dem Brüsseler DGB-Büroleiter, wird die Abteilung bald über aktuelle Probleme sprechen. Zum Beispiel, wie die Verordnung zur Einpersonengesellschaft (SUP) gestoppt werden kann. Auch mit Aline Hoffmann vom Europäischen Gewerkschaftsinstitut werden gemeinsame Aktivitäten für die Mitbestimmung auf transnationaler Ebene verabredet. Im nächsten Jahr soll ein gemeinsames Seminar für Aufsichtsräte stattfinden, das sich neuen Entwicklungen im europäischen Gesellschafts- und Finanzmarktrecht widmet.

Düsseldorf, 1. September 

Die Wirtschaftsreferenten Sebastian Campagna, Oliver Emons, Alexander Sekanina und Marion Weckes bereiten sich auf eine Beratung vor. Ein Aufsichtsrat hat für die Arbeitnehmervertreter eine In-House-Beratung zu den Zahlen im jüngsten Geschäftsbericht angefragt. Campagna fasst noch einmal zusammen: „Das Bilanzergebnis ist zwar vorübergehend eingebrochen, aber der betriebliche Cashflow hat sich positiv entwickelt. Von einer Zahlungsunfähigkeit ist das Unternehmen weit entfernt.“ 

Ihr betriebswirtschaftliches Know-how durch Beratungen und Schulungen in die Arbeit von Aufsichts- und Betriebsräten einzubringen gehört zum täglichen Geschäft der Ökonomen. 

Berlin, DGB-Haus, 5. September

Thomas Fischer ist der neue Leiter der Grundsatzabteilung im DGB-Bundesvorstand. Einer seiner Schwerpunkte: die „Offensive Mitbestimmung“, die der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann ausgerufen hat. Grund für Norbert Kluge, das Gespräch mit ihm zu suchen. Das Thema: Wie können sich die Stiftung und der DGB gegenseitig dabei unterstützen, Mitbestimmung zu einem gesellschaftlichen Top-Thema zu machen und zur Überwindung des mitbestimmungspolitischen Stillstands in Deutschland und Europa beizutragen?

Fischer und Kluge haben beide nahe an der Europapolitik in Brüssel gearbeitet. Durch diese Außensicht hat bei beiden die Wertschätzung gegenüber der Mitbestimmung noch zugenommen. Die deutsche Wirtschaft ist relativ gut aus der Krise herausgekommen. Aber kann man darauf für die Zukunft bauen? Fischer und Kluge meinen: Nein. Denn die Krisenursachen sind nicht beseitigt worden. Nach wie vor stagniert die Nachfrage. Unverändert dominiert europaweit ein Führungsmodell im Management, das sich überwiegend am Wohl der Aktionäre orientiert. In Deutschland haben selbst die Betriebsratswahlen im Frühjahr 2014 nichts daran ändern können, dass der mitbestimmungspolitische Ehrgeiz der Regierung gering blieb. Deshalb müssen die Gewerkschaften aktiv werden. 

Gleicher Tag, gleicher Ort

Rainald Thannisch, Referatsleiter in der Abteilung Grundsatzangelegenheiten und Gesellschaftspolitik beim DGB-Bundesvorstand, und Melanie Frerichs, Referatsleiterin in der Abteilung Mitbestimmungsförderung, treffen sich noch schnell zum Feinschliff für das gemeinsame Programm an den Messeständen beim Deutschen Betriebsräte-Tag in Bonn. Die beiden sind sich einig: „Wir wollen Action am Stand!“ Reiner Hoffmann steht den Betriebsräten Rede und Antwort zur Mitbestimmungsoffensive. Es wird einen Mitbestimmungsquiz geben, und Elke Hanack vom DGB-Bundesvorstand wird die Glücksfee sein. 

Mehrere Experten aus der Siftung sind in diesem Jahr präsent und treffen in Bonn viele Förderer der Hans-Böckler-Stiftung.

15. September

Eva Ahlene, die Leiterin des Referates Qualifikation und Berufsbildungsexpertin der Hans-Böckler-Stiftung, trifft sich heute im DGB-Bildungswerk mit den zuständigen Experten aus den Gewerkschaften, um sich darüber auszutauschen, welche Qualifikationen neu gewählte Betriebsräte benötigen und wie weit die gewerkschaftlichen Bildungsangebote diesem Bedarf gerecht werden. Eine gemeinsame Umfrage unter Betriebsräten zum Thema Weiterbildung soll helfen, die Angebote in Zukunft noch besser auf die Zielgruppe abzustimmen. Es soll herausgefunden werden, mit welchen Themen sie in der Praxis zu tun haben.

Mitte September, zwischen Düsseldorf und Berlin

„Offensive Mitbestimmung“: Schritt für Schritt soll bis zu den nächsten Bundestags- und Europawahlen 2017 und 2018 vom DGB, den Gewerkschaften und der Hans-Böckler-Stiftung das Forderungspaket für eine grundlegende Mitbestimmungsreform und den Ausbau von Mitbestimmungsrechten erarbeitet werden.

Vor diesem Hintergrund finden zahlreiche Telefonate und Treffen statt. Ziel ist es, die Arbeitnehmerbeteiligung auf allen Mitbestimmungsebenen auch rechtlich auszubauen. Für die Öffentlichkeitsarbeit kann sich die „Offensive Mitbestimmung“ auf mehrere historische Wegmarken beziehen, die im Jahr 2016 anstehen werden. Historischer Höhepunkt dabei wird der 40. Geburtstag des deutschen Mitbestimmungsgesetzes von 1976 sein.

26. September

Nils Werner ist Sachbearbeiter in der Abteilung und kümmert sich um den Fundus an Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Betriebsräte rufen an, wenn sie Hilfe für das Onlineangebot oder Publikationen brauchen. Wissen, das im Alltag der Aushandlung betrieblicher Interessen unverzichtbar ist. Wo liegen Spielräume? Was ist verhandelbar? Wie haben andere Betriebsräte das Problem gelöst? Antworten auf diese Fragen bieten die Auswertungen von mittlerweile mehr als 16 000 dokumentierten Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Der Kollege aus einem großen Konzern, der gerade anruft, sucht kurzfristig Anregungen für den Entwurf einer Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit. Auch über die zunehmende Leistungsverdichtung will er sich informieren, um auf der nächsten Klausurtagung Lösungsideen vorzustellen. Immer mehr Beschäftigte arbeiten außerhalb der Zeiterfassung am Wochenende oder abends, oft ohne einen Ausgleich dafür zu bekommen. Nils Werner führt den Betriebsrat Schritt für Schritt durch den Stichwortkatalog und erläutert die Recherchemöglichkeiten. „Die Leute sind jedes Mal begeistert von der Fülle an Informationen, die unsere thematischen Auswertungen der Vereinbarungen bieten.“ 

6. Oktober 

Marion Weckes ist gerade dabei, die Anfrage eines Aufsichtsratsmitgliedes zu bearbeiten. Die Unterlagen zur nächsten Sitzung sind sehr kurzfristig angekommen und werfen jetzt Fragen auf. Die Angaben zur Vorstandsvergütung sind ziemlich schwammig, und schon auf der nächsten Sitzung soll über ein neues Vergütungsmodell entschieden werden! Die Zeit drängt. In solchen Fällen steht Marion Weckes, Referatsleiterin Wirtschaft in der Abteilung Mitbestimmungsförderung, beratend zur Seite. 

Ob bei Fragen zur Vorstandsvergütung oder anderen Kennzahlen: „Ich gebe konkrete Tipps, welche Fragen man im Aufsichtsrat noch stellen könnte oder wie die interne Berichterstattung verbessert werden kann.“ Dabei ist es ein wertvolles Plus, dass Weckes selbst im Aufsichtsrat der Stadtwerke Düsseldorf sitzt. Darum weiß sie: „Manchmal muss man einfach nachfragen. Oft sind wichtige Details als Back-up im Vortrag hinterlegt und werden erst auf Nachfrage ausführlich berichtet.“

9. Oktober 

Michael Stollt, der seit diesem Jahr für die Abteilung arbeitet, hat als Handwerkszeug die Szenario-Analyse mitgebracht. Das bringt er in die Workshops ein, die derzeit in der Abteilung stattfinden. Die Zukunftsfrage: Wie könnte Mitbestimmung im Jahr 2035 aussehen – wenn etwa die Digitalisierung unsere heutige Arbeitswelt endgültig komplett verwandelt hat und die Transnationalisierung von Unternehmen und ihrer Finanzierung weiter fortgeschritten ist? An diesem Szenario-Prozess sind alle beteiligt, eine Kerngruppe um Irene Ehrenstein, Oliver Emons, Melanie Frerichs, Ute Lammert und Michael Stollt sorgt dafür, dass der Prozess voran geht. Wir haben dabei gemerkt: Es ist anstrengend und anspruchsvoll, eingetretene Pfade zu verlassen und den Horizont für heute noch Undenkbares zu öffnen. Doch das Denken in alternativen, aber gleichermaßen plausiblen Entwicklungspfaden schafft Orientierung für den beruflichen Alltag in der Mitbestimmungsförderung.

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