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AXEL KNOERIG ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) - links; AMÉLIE SUTTERER-KIPPING ist Referatsleiterin am Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht (HSI) Magazin Mitbestimmung

Pro & Contra: Soll die tägliche Höchstgrenze bei der Arbeitszeit fallen?

Ausgabe 03/2024

Ja, meint Axel Knoerig, stellvertretender Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Nein, lehnt Amélie Sutterer-Kipping vom Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht aus mehreren Gründen ab.

Ja.

Das bisherige Arbeitszeitgesetz bleibt hinter den Wünschen und technischen Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitgestaltung vieler Beschäftigter zurück. Nicht zuletzt seit der Coronapandemie sind Homeoffice, mobiles Arbeiten und eine freie Einteilung der Arbeitszeit bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beliebt. Damit die Beschäftigten diese Möglichkeiten auch rechtlich ohne Bedenken wahrnehmen können, setzt sich die Union für eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ein – nicht aber für eine tägliche Höchstgrenze.

Klar ist, dass das Arbeitszeitgesetz als zentraler Baustein des deutschen Arbeitsschutzes dabei unangetastet bleibt und das wöchentliche Arbeitsvolumen nicht ausgeweitet wird. Auch in Zukunft wird die tägliche Höchstarbeitszeit über die geltenden Mindestruhezeiten definiert. Dennoch müssen wir dem Zeitgeist Rechnung tragen, indem Beschäftigten die Möglichkeit eingeräumt wird, die Einteilung ihrer Arbeitszeit im Wochenverlauf freier und flexibler zu gestalten.

Diese Option steht allerdings nicht allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im gleichen Maße offen, so viel Ehrlichkeit gehört dazu. Und auch für besonders gefahrengeneigte Berufe wollen wir passende Regelungen. Allen voran vertrauen wir den Sozialpartnern bei der auf spezifische Branchen, Berufe und Tätigkeiten ausgelegten, modernen Ausgestaltung der Arbeitszeit.

AXEL KNOERIG ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), des sozialpolitischen Flügels der CDU.


Nein.

Eine Abschaffung des Achtstundentages ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Erstens sehe ich keinen Änderungsbedarf. Bereits heute kann die werktägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten im Durchschnitt acht Stunden Arbeitszeit werktäglich nicht überschritten werden. Außerdem sind weitere Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz durch Tarifvertrag oder in Betriebsvereinbarungen möglich, sofern der Tarifvertrag eine Regelung durch die Betriebsparteien ausdrücklich gestattet (Tarifvorbehalt).

Zweitens ist die Abschaffung des Achtstundentages mit der Zielsetzung des Arbeitszeitgesetzes unvereinbar. Es ist ein Arbeitnehmerschutzgesetz, es schützt die Gesundheit von Beschäftigten. Arbeitsmedizinische Erkenntnisse belegen, dass lange Arbeitszeiten mit Gesundheitsbeeinträchtigungen einhergehen und das Risiko für Arbeitsunfälle ab der achten Arbeitsstunde exponentiell ansteigt.

Drittens droht der Effekt einer weiteren Verringerung der Erwerbsarbeit gerade bei Frauen, was dem Ziel der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie diametral entgegensteht. Die Vorhersehbarkeit und die Planbarkeit von Arbeitszeiten sind wichtige Schlüsselfaktoren für eine bessere Vereinbarkeit. In einem Modell, in dem die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden regelmäßig überschritten wird, werden Betreuungskonflikte nicht gelöst, sondern verschärft.

AMÉLIE SUTTERER-KIPPING ist Referatsleiterin am Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung.


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