zurück
Frauenstreik auf Island 1975 Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Frauenstreik auf Island

Ausgabe 06/2020

Einen Tag bleiben 1975 die isländischen Frauen der Arbeit fern und kämpfen für mehr Gleichberechtigung. Mit Erfolg. Heute ist in Island der Gender Pay Gap am niedrigsten auf der ganzen Welt.

Es ist viel los auf dem Lækjartorg, dem zentralen Platz von Islands Hauptstadt Reykjavík. Am 24. Oktober 1975 strömen mehr als 20 000 Frauen zu einer Demonstration zusammen, auch einige Männer lassen sich sehen. Der Anlass erschließt sich beim Blick auf die Plakate: „Nieder mit den Diktatoren“ oder „Warum studieren keine Männer, um Kindergartenerzieher zu werden? Ist es das Gehalt?“ Den Isländerinnen geht es um Gleichberechtigung, eine faire Bezahlung und eine bessere Kinderbetreuung. Aus diesem Grund bleiben die meisten Frauen der Inselnation an diesem Tag der Arbeit fern – bis auf medizinisches Personal.

Als „Frauenstreik“ geht die Aktion in die Geschichte ein. Die Isländer selbst sprechen von einem „Frauenruhetag“ – auch deshalb, weil ein Streik mit dem Ziel, gegen die Diskriminierung zu kämpfen, rechtlich heikel wäre. Das Problem ist unübersehbar: Zwar gilt in Island seit 1915 das Wahlrecht für Frauen, doch die Gleichberechtigung hat 60 Jahre später kaum Fortschritte gemacht. Im Parlament des Landes mit damals etwas mehr als 200 000 Einwohnern ist der Frauenanteil marginal, die meisten Frauen verdienen wesentlich weniger als Männer. Zusätzlich sind sie in der Regel für Haushalt und die Kindererziehung zuständig. Doch nicht am 24. Oktober: An diesem Tag müssen viele Männer ihre Kinder selbst versorgen.

Ausgerufen worden ist der Streik im Internationalen Jahr der Frau 1975 von fünf Frauenorganisationen. Er stützt sich auf breite gesellschaftliche Solidarität. Der Präsident des isländischen Gewerkschaftsbunds hat bereits frühzeitig seine Unterstützung versichert, einige Gewerkschaften helfen finanziell. Auch die Presse ist wohlwollend. „Wir stehen vereint“, schreibt das Blatt Þjóðviljinn. 

Die Aktion verfehlt ihre Wirkung nicht. Ein Jahr später passiert ein erstes Gesetz zur Gleichberechtigung das Parlament, 1980 wählt die Inselnation mit Vigdís Finnbogadóttir eine Frau zur Präsidentin. Heute ist das Land ein Vorbild: Seit Jahren führt Island den Gender Gap Index des Weltwirtschaftsforums als das Land mit der weltweit geringsten Ungleichheit bei der Bezahlung. Am anderen Ende der Skala stehen Pakistan, der Irak und Jemen.

Rätselfragen
Welcher norwegische Wikinger, der sich um 874 auf Island niederließ, gilt als der erste dauerhafte Bewohner der Insel?
Vigdís Finnbogadóttir war das erste demokratisch gewählte weibliche Staatsoberhaupt weltweit. Bis zu welchem Jahr amtierte sie als Präsidentin Islands?
Wie lautet der Name des isländischen Parlaments, dessen Ursprünge bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 20. Januar 2021 bei uns ein­gehen, nehmen an einer Auslosung teil.

Preise
1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 100 Euro
2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro

Schicken Sie uns die Lösung
Hans-Böckler-Stiftung
Redaktion Mitbestimmung 
Georg-Glock-Straße 18 
40474 Düsseldorf 
E-Mail: redaktion@boeckler.de

Auflösung der Rätselfragen 5/2020
1930, New York, Gustav von Wangenheim

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen