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Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Eine Ecke zum Reden

Ausgabe 03/2016

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist elementar für jede Demokratie. In Großbritanniens Hauptstadt hat dieses Recht seit dem Jahr 1872 einen besonderen Ort. Von Kay Meiners und Marc von Lüpke

Die nordöstliche Ecke des Hydeparks in London ist eine britische Institution. Viele Personen der Weltgeschichte haben hier gesprochen: Karl Marx, George Orwell, Wladimir Lenin. Politiker im Wahlkampf testen hier ihre Rhetorik. Noch mehr aber gehört diese Ecke des Hydeparks, Speakers’ Corner genannt, schrulligen Außenseitern, Missionaren und Fürsprechern aller möglichen Anliegen, Weltanschauungen und Religionen. Seit einem Parlamentsbeschluss vom 27. Juni 1872, dem Royal Parks and Gardens Regulation Act, darf jeder hier ohne Anmeldung einen Vortrag zu einem beliebigen Thema halten. 

Nicht weit entfernt von Speakers’ Corner befand sich über viele Jahrhunderte lang, seit dem Mittelalter und bis 1783, eine öffentliche Hinrichtungsstätte. Die letzten Worte der zum Tode Verurteilten, die zugleich ein Recht und eine Forderung des Publikums waren, welche meist eingelöst wurde, waren hier zu hören. Ja, auch die Reden der Todgeweihten begründen die Tradition der freien Rede in der ältesten Demokratie der Neuzeit. Später, im 19. Jahrhundert, demonstrieren die Arbeiter hier erfolgreich für ein gerechteres Wahlrecht. In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg halten die Suffragetten hier Massenkundgebungen ab. Am 18. März 1945 sterben drei Menschen, als die Speakers’ Corner von einer deutschen V2-Rakete getroffen wird. 

„Ban the bomb!“ heißt das Motto der britischen Anti-Atombewegung, die sich in der Nachkriegszeit formiert. Wieder spielt der Hydepark eine bedeutende Rolle. Unser Foto, das aus den 1960er Jahren stammt, zeigt George Clark, ein Mitglied der Campaign for Nuclear Disarmament (CND), die sich gegen die Atombombe ebenso richtet wie gegen die Nutzung der Atomkraft für die Energieerzeugung. Ihr Logo, das sich aus den Symbolen des Flaggenalphabetes für die Buchstaben N und D zusammensetzt, wird später als „Peace“-Zeichen weltbekannt. Als im Jahr 2003 am gleichen Ort gegen den Irakkrieg demonstriert wird, reichen die Schätzungen der Teilnehmerzahl von 750 000 bis zu zwei Millionen.

Es ist diese große Geschichte, die Speakers’ Corner heute weltweit zu einem Symbol für die Freiheit der Meinung und das Recht auf öffentliche Rede gemacht hat. Das englische Rechtswesen hat von Anfang an sehr klar definiert, dass die Meinungsfreiheit nicht dort aufhört, wo sie dem anderen unbequem ist, sondern dass diese Freiheit die verstörende, verletzende und ketzerische Rede für alle Zeiten einschließt.

Rätselfragen

Unweit der Speakers‘ Corner steht ein Triumphbogen aus Marmor, der 1828 als Eingang zum Gelände des Buckingham-Palastes errichtet, aber schon 1851 versetzt wurde. Wie heißt er?

Im Jahr 1924 wurde ein Mann zum ersten Labour-Premierminister überhaupt gewählt. Wie hieß er?

Mit welchem Hinrichtungsinstrument wurden Straftäter jahrhundertelang in der Nähe der Speakers’ Corner getötet?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 22. Juli 2016 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

Preise

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 100 Euro

2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro

Schicken Sie uns die Lösung

Redaktion Mitbestimmung 

Hans-Böckler-Straße 39 

40476 Düsseldorf 

E-Mail: redaktion@boeckler.de

Fax: 0211/7778-225 

Auflösung der Rätselfragen 2/2016

Pennsylvania

Juli 1964

Kykuit

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