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Magazin Mitbestimmung

: Editorial

Ausgabe 04/2003

Jeder Arbeitsplatz zählt

Von Kay Meiners
Kay-Meiners@boeckler.de

Magere 0,2 Prozent betrug das Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr - Deutschland steht am Rande der Rezession. Glaubt man der Konjunkturumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages vom Februar, dann planen nahezu vier von zehn Unternehmen Entlassungen, nur jedes zwölfte denkt über Neueinstellungen nach.

Damit nicht genug: Seit Jahrzehnten lassen die Konjunkturzyklen eine immer höhere Sockelarbeitslosigkeit zurück. Während der große Wurf auf dem Arbeitsmarkt ausbleibt, haben viele Menschen angefangen, Lösungen im Kleinen zu suchen. Sie wollen sich nicht mit dem Zukunftsbild abfinden, das der Trendforscher Matthias Horx entworfen hat: das Bild einer Gesellschaft mit "20 Prozent Ausrangierten, die ein Leben vor 35 Fernsehprogrammen fristen und sich auskömmlich bei Aldi, Hofer und Penny versorgen können."

Arbeitnehmer und Betriebsräte haben durch die Gründung von Mitarbeitergesellschaften oder durch Buy-outs manches erreicht, was Hochachtung verdient. Sie haben Arbeitsplätze geschaffen, indem sie - oft unter schwierigen Bedingungen - selbst Verantwortung übernommen haben. Viele Initiativen, die wir vorstellen, sind aus der Not geboren - aber sind sie darum weniger wert?

Es gibt Ansätze zu einer neuen Do-it-yourself-Ökonomie. Dabei soll sogar die längst totgesagte Genossenschaft zu neuen Ehren kommen. Es ist aber umstritten, ob die neuen Ansätze nur dem Krisenmanagement dienen sollen, oder ob sie als Vorboten einer neuen Kooperationswirtschaft anzusehen sind. Für Einzelne hat es sich gelohnt, mehr Risiko zu übernehmen.

Aber die Vision des Selbstmanagements birgt auch eine Gefahr: Längst nicht jeder hat die Reserven, sie radikal zu verwirklichen. Die Rezepte der Doit- yourself-Ökonomie funktionieren nur als Angebote an hoch motivierte Einzelne - sie taugen nicht dazu, die gesamte Volkswirtschaft zu kurieren.

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