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Diskussionsrunde bei der Labora mit Verdi-Chef Frank Werneke und Lisa Neubauer von Fridays for Future Magazin Mitbestimmung

Konferenz: Die nächste Stufe der Transformation

Ausgabe 05/2023

Wie gestalten wir die Arbeit der Zukunft? Dieser Frage unserer Gesellschaft widmet sich alljährlich die LABOR.A. Auf der Böckler-Veranstaltung ging es in diesem Jahr um neue Allianzen, die Gute Arbeit und Klimaschutz zusammenbringen. Von Fabienne Melzer und Andreas Schulte

Die Bewältigung der Klimakrise kann zu gesellschaftlichen Spaltungen führen, wenn auf dem Weg dorthin viele Errungenschaften verloren gehen. Deshalb machte sich die Hans-Böckler-Stiftung auf ihrer diesjährigen Labora auf die Suche nach dem Verbindenden. Claudia Bogedan, Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung, zeigte sich zur Eröffnung überzeugt: „Allein mit Einschränkungen und Härten lässt sich der Klimawandel nicht bekämpfen.“ Werde die Rettung des Klimas nicht mit dem Einsatz für ein gutes Leben und Gute Arbeit verbunden, drohten die Menschen in Extreme abzurutschen. „Aber Extremismus wird den Klimawandel nicht aufhalten. Das können wir nur gemeinsam.“

Die Veranstaltung in Berlin, der vor Ort 450 Menschen und online 1500 folgten, sollte daher auch zeigen, dass es Allianzen gibt und der Dialog bereits geführt wird. Das Panel mit prominenter Besetzung trug diesen Gedanken schon im Titel: „Neue Allianzen für die Mobilitätswende“. Auf der Bühne trafen sich der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke und Luisa Neubauer von der Klimabewegung Fridays for Future. Ganz unbekannt sind sich die beiden nicht. Der Schulterschluss zwischen Verdi und Fridays for Future hatte im Jahr 2020 für Aufsehen gesorgt. Seither stehen beide gemeinsam für eine sozial-ökologische Transformation ein. Im September diesen Jahres starteten sie eine gemeinsame Kampagne für bessere Arbeitsbedingungen im Nahverkehr.

Beide Diskutanten machten ihrer Enttäuschung über die Bundesregierung Luft. Sie habe versprochene Klimaziele nicht umgesetzt. Nun bliebe nur noch ein Jahr Zeit, um Druck zu machen auf Berlin, sagte Neubauer. Binnen dieser Frist müssten Versprechungen wie das Klimageld zur Entlastung von Bürgern endgültig umgesetzt sein. Nach einem möglichen Regierungswechsel drohe ein „Rollback“ bei der Klimapolitik, sagte Werneke.

Die ungewöhnliche Allianz aus Gewerkschaft und Klimabündnis hat bereits Schule gemacht: „Transformation in der Zeitenwende“ heißt ein gemeinsames Positionspapier von IGBCE, dem Deutschen Naturschutzring, WWF Deutschland und Germanwatch. Als Riesenschritt bewertete Christoph Bals von Germanwatch das neue Bündnis. Inhaltlich eint die Beteiligten die Erkenntnis, dass ein tiefgreifender Umbau der energieintensiven Industrien nötig ist, um Nachhaltigkeits- und Klimaziele zu erreichen. Dabei müssen gute Arbeitsplätze erhalten bleiben. Alexander Bercht von der Gewerkschaft IGBCE schaute mit Sorge auf China und die USA, wo Gelder schneller und in größerem Maße flössen. Heimische Standorte geraten dadurch in Gefahr. Bercht attestierte Europa ein „Geschwindigkeitsproblem“. Auch Viviane Raddatz vom WWF monierte ein fehlendes Bekenntnis der Politik zur konsequenten Gestaltung der Transformation, das sich in fehlenden Investitionen zeigt.

Die Auswirkungen der Klimakrise und der Umbau hin zu nachhaltigeren Wirtschaftsformen verändern Arbeits- und Lebensweisen überall  auf der Welt. Deshalb warf die Labora auch einen globalen Blick auf das Thema. Aus Mitbestimmungssicht  spielt hierbei das Lieferkettengesetz eine wichtige Rolle, dem sich eine eigene Session widmete. Kathrin Schäfers von der IG Metall in Frankfurt betonte die Besonderheit des Gesetzes: „Zum ersten Mal wurde internationales  Recht in deutschem Recht installiert.“ Dabei sieht sie die Funktion des Gesetzes weniger darin, Verstöße zu verfolgen, sondern sie vielmehr  präventiv zu verhindern. Rose Omamo von der kenianischen Metallgewerkschaft, die per Video zugeschaltet war, lenkte den Blick auf die Lage der Beschäftigten in ihrem Land. Dort werden immer wieder Arbeitsrechte verletzt, werde Arbeitsschutz nicht eingehalten. Das Lieferkettengesetz helfe ihnen sehr. Wichtig seien zudem die Netzwerke zwischen deutschen und kenianischen Gewerkschaften.

Von der globalen Ebene ging es am Ende dann ins Lokale. In einer der letzten Diskussionsrunden war Andreas Bovenschulte, Präsident des Bremer Senats, zugeschaltet. Als eine Region mit viel Industrie trifft den Stadtstaat der Wandel zu Klimaneutralität an vielen Stellen. Für Bovenschulte kommt es dabei vor allem darauf an, die bestehenden Strukturen zu transformieren: „Wir müssen an dem anknüpfen, was wir haben.“ Dafür brauche die Region unter anderem bezahlbare Energie, Investitionen in Offshore-Windanlagen und Fachkräfte. Das Bundesland nimmt hierfür selbst eine Milliarde Euro in die Hand für einen Aus- und Weiterbildungscampus. Geschäftsführerin Claudia Bogedan diskutierte mit Andreas Bovenschulte und Berthold Vogel vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) die lokale Ebene. Sie verwies auf den Betrieb als sozialen Ort. Für Beschäftigte sei es eben nicht egal, ob dieser in Bremen oder Cuxhaven liege. Die Diskussionen des Tages fasste sie am Ende zusammen mit den Worten: „Transformation lebt von der Hoffnung, dass sie gestaltbar ist.“

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