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Frankfurter Bioladen 'Lebensbaum', historische sw-Aufnahme Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Der erste Bioladen in Deutschland

Ausgabe 02/2024

In den 1970er Jahren wird alternative Ernährung in Westdeutschland zur politischen Botschaft. Naturkostläden schießen wie Pilze aus dem Boden. Körnersäcke und Müsli prägen den Lebensentwurf der ökobewegten Kundschaft. Von Guntram Doelfs

Der Frankfurter Bioladen „Lebensbaum“ in der Eckenheimer Landstraße hat den spröden Charme eines alternativen Wohnzimmers. Wer hier zwischen unbehandeltem Holz, Getreidesäcken, Müsli und Tee, Naturkosmetik und Räucherstäbchen einkauft, gibt auch ein politisches Statement ab – gegen die Auswüchse des Konsums, die Zerstörung der Umwelt, gegen Schadstoffe in Nahrungsmitteln und das kapitalistische Wirtschaftssystem. Vieles wird direkt aus Säcken abgefüllt, dazu gibt es Bücher, die den alternativen Lebensstil bewerben.

Die Läden sind auch Informationszentren. Die Bio-Szene hat ihre Wurzeln in der Umwelt- und Studentenbewegung. Ein neuer, urbaner Lebensstil vermischt sich mit den Ausstiegswünschen der Flower-Power-Generation. Aus der Hinwendung zur Natur und zu ökologisch korrekter Ernährung und aus der Ablehnung der industrialisierten Landwirtschaft entsteht ein neues soziales Milieu.

Wo der erste deutsche Bioladen tatsächlich eröffnet wurde, daran scheiden sich bis heute die Geister. Mal wird der 1971 eröffnete Laden „Peace Food“ in Berlin als Urvater aller deutschen Bioläden genannt, mal das „Schwarzbrot“ in Hamburg. Eindeutig belegt ist hingegen eine Zahl: Im Jahr 1972 gibt es in Deutschland fünf Bioläden. 1974 folgte mit Dennree der erste Großhändler, 1979 schließlich regionale Vertriebsgenossenschaften. Mitte der 80er Jahre gibt es in Westdeutschland bereits über 1000 Bioläden. In dieser Anfangszeit ist das Sortiment überschaubar. Es gibt vor allem vegetarische Lebensmittel aus traditioneller Herstellung, Getreide, Mehl und Müsli sowie Gemüse oder Obst aus lokaler Produktion.

In den Läden treffen sich politische Gruppen und Bürgerinitiativen zum Agitprop am Gemüsestand. Doch es gibt ein Problem: Die kaufmännischen Fähigkeiten vieler Betreiber sind begrenzt. Mitte der 80er Jahre löst der wirtschaftliche Druck eine erste Professionalisierungswelle aus, das Sortiment wird breiter, gleichzeitig verblasst der politische Anspruch zunehmend. In dieser Zeit entstehen die ersten Biosupermärkte. Diese machen um die Jahrtausendwende vielen Bioladen-Pionieren, darunter auch dem Frankfurter „Lebensbaum“, endgültig den Garaus. Die Idee der gesunden, ökologischen Ernährung ist endgültig in der Mitte der Gesellschaft angekommen.


Rätselfragen:
  1. Bevor der „Lebensbaum“ in der Eckenheimer Landstraße einzog, befand sich hier eines der ersten Frauenzentren in Deutschland. Welche Hausnummer suchen wir?
  2. Der erste Biosupermarkt wurde 1987 eröffnet. Wie heißt die Kette, die es heute noch gibt?
  3. Die Fotografin Digne Meller Marcovicz, die unser Foto aufgenommen hat, arbeitete über Jahrzehnte für ein deutsches Magazin. Welches?

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