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Harald Schartau Magazin Mitbestimmung

Altstipendiat: Der Anpacker

Ausgabe 02/2020

Verschiedene Rollen, doch immer das gleiche Ziel: Ob als Gewerkschafter, als Minister oder als Arbeitsdirektor – immer ging es Harald Schartau darum, für möglichst viele Jobs zu sorgen. Von Joachim F. Tornau

Harald Schartau mag es pragmatisch. Anpacken möchte er, nicht nur reden. Sätze, in denen der 66-Jährige seine Philosophie erklärt, klingen zum Beispiel so: „Keine Lösung für Herne zu haben und dann zu sagen, wir machen das jetzt europäisch – das hat keinen Sinn.“ In breitem Ruhrgebietsdeutsch sagt das der gebürtige Duisburger, einem Tonfall, den er sich trotz seiner steilen Karriere nie abgewöhnt hat. Und auch nie abgewöhnen wollte.

Geboren als Sohn eines Stahlarbeiters und einer Hausfrau, ist Schartau vom Chemielaboranten bei Mannesmann in Duisburg-Hüttenheim nach und nach zum Leiter der IG Metall in Nordrhein-Westfalen aufgestiegen. Dann wechselte er in die Politik, war nordrhein-westfälischer Arbeitsminister und Landesvorsitzender der SPD, bevor er seine Laufbahn schließlich als Arbeitsdirektor und Mitglied der Geschäftsführung beim Stahlunternehmen Georgsmarienhütte beendete. Seit gut einem Jahr ist er im Ruhestand, doch von der Montanindustrie, einem der Leitmotive seines bewegten Arbeitslebens, mochte er trotzdem nicht ganz lassen: Neben verschiedenem sozialen Engagement gehört Schartau dem Kuratorium der Montan-Stiftung Saar an, der Hauptgesellschafterin der saarländischen Stahlindustrie.

Möglich gemacht hat diesen Werdegang auch die Hans-Böckler-Stiftung. Ihre Vorgängerin, die Stiftung Mitbestimmung, förderte Schartau, als er von 1973 bis 1976 Betriebswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg studierte. „Ohne dieses Stipendium wäre es mir schwer gefallen, das Studium zu finanzieren“, sagt der Arbeitersohn. Aber mehr noch: „Die Stiftung war vom 18. Lebensjahr an mein ständiger Begleiter.“ Schon bei Mannesmann arbeitete er mit zwei Personalchefs zusammen, die der von der Stiftung ins Leben gerufenen und bis heute bestehenden „Arbeitsgemeinschaft Engere Mitarbeiter der Arbeitsdirektoren Stahl“ angehörten und ihm deren Broschüren zum Redigieren auf den Schreibtisch legten.

Später, als hauptamtlicher Gewerkschafter ebenso wie als Politiker und als Arbeitsdirektor, griff er immer wieder auf Materialien der Stiftung zurück und suchte den Austausch mit ihren Wissenschaftlern. Was, insbesondere nach seinem Wechsel in die Politik im Jahr 2000, durchaus auch kontrovers sein konnte: Es war die Zeit der rot-grünen Agenda-Politik, Schartau schlug damals unter anderem einen staatlich geförderten Niedriglohnsektor vor und gehörte der Kommission an, deren Vorschläge die Grundlage für die bis heute umstrittenen Hartz-IV-Reformen lieferten. Er glaubt nach wie vor, dass diese Ideen die richtigen waren. Nur hätte man, sagt er, nach der Umsetzung nicht so tun dürfen, als sei das alles fortan in Granit gemeißelt.

„Diese Unflexibilität hat der Sache nicht gedient“, meint Schartau. „Man muss sein Ohr auf der Schiene haben.“ Und nicht zusehen, wenn etwas in die falsche Richtung läuft, sondern handeln. Als er 2005 nach der sozialdemokratischen Niederlage bei der Landtagswahl Ministeramt und Parteivorsitz verlor, hielt es ihn deshalb nicht allzu lange auf der Oppositionsbank: „Ich wollte zurück ins operative Geschäft.“ Genauso wie einst, als er seinen Posten als Sachbearbeiter beim IG-Metall-Vorstand in Frankfurt aufgab, um nach Nordrhein-Westfalen an die Basis zurückzukehren.

Wofür er als Gewerkschafter gekämpft hatte, was er als Politiker mit Arbeitsmarktreformen befördern wollte, dafür setzte er sich während der letzten zehn Jahre seines Berufslebens nun in einer dritten Rolle ein, als Arbeitsdirektor der Georgsmarienhütte bei Osnabrück. „Bei mir ging es immer um Arbeit“, sagt er. „Aus unterschiedlichen Blickwinkeln, aber mit wachsendem Erfahrungshintergrund.“ Und mit einem gleichbleibenden Ziel: für so viele Jobs zu sorgen wie möglich, auch durch pragmatische Zugeständnisse: „Mein Credo war immer: besser eine Teilzeitarbeit als vollzeitarbeitslos, besser befristet beschäftigt als unbefristet ohne Arbeit“, sagt er. Es ist ein weiterer typischer Schartau-Satz.

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