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Magazin Mitbestimmung

: dazu Infobox: Die Frauenquote in Norwegen

Ausgabe 06/2009

Für die Anteilseignerseite ist die 40-Prozent-Quote verbindlich, für die Gewerkschaftsseite ist sie geübte Praxis.

Von ANNETTE JENSEN. Foto: Ilja Hendel

Board of Directors

Norwegens ehemaliger Industrieminister Ansgar Gabrielsen beschreibt sein Vorgehen als Coup: Als er im Jahr 2002 den Vorschlag machte, 40 Prozent der Sitze im Board of Directors - eine Art Aufsichts- und Vorstandsgremium - mit Frauen zu besetzen, hatte er weder seinen Parteichef noch den Ministerpräsidenten darüber informiert. Genau wie alle Norweger erfuhren die von seinem Plan aus der Zeitung.

Nicht Frauenförderung war das Motiv des konservativen Politikers, sondern ökonomisches Kalkül: "Mir ging es darum, alle menschlichen Ressourcen der Gesellschaft nutzbar zu machen", sagte er bei einer Anhörung im deutschen Bundestags-Rechtsausschuss im Frühjahr 2008. Norwegische Board of Directors bestehen zu einem Drittel aus Mitarbeitervertretern - in der Regel Gewerkschafter aus dem Betrieb. Sie werden von der Belegschaft gewählt, und auch für sie gilt im Prinzip die 40-Prozent-Quote. Da es meist aber nicht mehr als drei Plätze auf der Arbeitnehmerbank gibt, ist ein Geschlecht mit nur 33 Prozent vertreten. Bei zwei Sitzen bekommt jeweils ein Mann und eine Frau ein Mandat. Ausnahme sind Betriebe, in denen die Belegschaft zu mehr als 80 Prozent aus Männern bestehen. "In mehreren Öl- und Gasfirmen sitzen nur Männer als Arbeitnehmervertreter in den Boards", sagt Rita Lekang, eine der Vorsitzenden des norwegischen Gewerkschaftsbundes LO. Umgekehrt sei dies in frauendominierten Unternehmen dagegen nicht so.

Die Anteilseignerseite muss die 40 Prozent erfüllen, egal wie die Lage auf der Seite der Arbeitnehmervertreter im Board aussieht: Sie müssen also einen hohen Männeranteil auf der Arbeitnehmerbank nicht durch zusätzliche Frauen ausgleichen. Sie können aber auch einen hohen Frauenanteil nicht für sich nutzen, berichtet Inger Marie Hagen, Wissenschaftlerin am Fafo Institut für Angewandte Sozialwissenschaften in Oslo.

In norwegischen Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten ist ein monistisches Board of Directors die Regel, das Vorstands- und Aufsichtsratsfunktionen übernimmt. Auf ein separates Aufsichtsorgan wird häufig verzichtet; dadurch kann die Belegschaft einen zusätzlichen Vertreter ins Board schicken. Die 40-Prozent-Quote betrifft etwa 450 börsennotierte Unternehmen in Norwegen. In ihnen arbeiten etwa die Hälfte der in der Privatwirtschaft Beschäftigten.

 

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