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UAW-Präsident Shawn Fain bei seinem Auftritt beim Parteitag der Demokraten, mit T-Shirt mit der Aufschrift 'You are a scab' Magazin Mitbestimmung

US-Wahlen: „Auf welcher Seite stehst du?“

Ausgabe 05/2024

Die großen amerikanischen Gewerkschaften haben sich für Kamala Harris positioniert. Beim letzten Urnengang votierten noch 40 Prozent für Trump. Von Knut Panknin, Friedrich-Ebert-Stiftung, Büro Washington D.C.

Auf diesen Moment hatten die Delegierten gewartet: Auf halber Strecke seiner Rede am Eröffnungsabend des Parteitags der Demokraten in Chicago Ende August legte Shawn Fain, der Präsident der Automobilarbeitergewerkschaft UAW, mit einer schnellen Bewegung sein Jackett ab – und der Blick der Tausenden im Saal fiel auf sein rotes T-Shirt. „Trump is a scab“ prangte dort in großen Lettern. „Scab“, eine abfällige Bezeichnung für „Streikbrecher“ oder „Gewerkschaftsfeind“, ist so ziemlich der übelste Vorwurf aus dem Mund eines anständigen Arbeiters. Von nun an begleiteten „Trump is a scab!“-Sprechchöre Fains Rede, in der er Trump und seinen Vizepräsidenten-Kandidaten Vance als „Schoßhündchen der Milliardärsklasse“ geißelte, die „ausschließlich ihre eigenen Interessen im Sinn haben“. Für seine Gewerkschaft und die amerikanischen Arbeiter gehe es bei der kommenden Wahl um die entscheidende Frage „Auf welcher Seite stehst du?“ Auf der einen stehe Kamala Harris, „eine Kämpferin für die Arbeiterklasse“, auf der anderen Donald Trump – und da war das Wort wieder – „a scab“.

Die Botschaft des mächtigen UAW-Bosses war unmissverständlich: Trump, der selbst ernannte Kämpfer für die „vergessenen“ und zurückgelassenen Beschäftigten im industriellen Kernland der USA, ist in Wahrheit Gewerkschaftsfeind, der gesellschaftliche Spannungen zu seinem politischen Vorteil instrumentalisiert. Lösungen für die Beschäftigten habe Trump nicht anzubieten, im Gegenteil: Seine angekündigten Strafzölle beispielsweise werden „bluecollar workers“ zusätzlich belasten. Laut Berechnungen des Progressive Policy Institute würden sie für Familien eine finanzielle Mehrbelastung von 1500 bis 1700 US-Dollar pro Jahr bedeuten. Und statt einer Mindestlohnerhöhung für Beschäftigte, die auf Trinkgelder angewiesen sind, soll es eine Einkommensteuerbefreiung auf die Trinkgelder geben. Außerdem plant Trump weitere Steuersenkungen für Reiche, er will öffentlich finanzierte Programme streichen, die von Bildung bis Gesundheit reichen, und die Gewerkschaften schwächen: In einem Gespräch mit seinem Fan Elon Musk auf der Plattform X machte Trump unmissverständlich klar, dass er es gut findet, Beschäftigte zu entlassen, die für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen streiken.

Wahlempfehlungen wie die der UAW sind für Harris und ihren Vize-Kandidaten Walz enorm wichtig. Shawn Fain will die Unterstützung seiner Mitglieder für Trump weit unter 35 Prozent drücken – in den vergangenen beiden Wahlen wählten rund 40 Prozent der UAW-Mitgliederden Republikaner. Selbst Joe Biden, der ein positives Image unter „Blue-collar“-Beschäftigten und Gewerkschaftern hat, konnte 2020 „nur“ knapp mehr als die Hälfte der Gewerkschaftswähler überzeugen (Biden: 57 Prozent, Trump: 40 Prozent). Trumps verfängliche Botschaften zu „unfairem“ Handel und „kriminellen“ Einwanderern hatten den Gewerkschaftsvorteil, den Demokraten traditionell hatten, verringert.

Auf zwei Staaten kommt es an

Beim Ausgang der − vermutlich wieder sehr knappen − Präsidentschaftswahl kommt Pennsylvania und Georgia eine besondere Rolle zu. Pennsylvania liefert dem Sieger 19 Stimmen, Georgia 16. Damit gehören sie zu den „Swing States“ mit den größten Stimmenanteilen. Wer Pennsylvania gewinnt, hat überdurchschnittlich große Chancen, die Wahl zu gewinnen. Entsprechend zielgerichtet investiert insbesondere Trump in die Kampagnen. Sein Team hat mehr als vier Fünftel der verbleibenden Mittel für Wahlwerbung in diesen beiden Staaten reserviert. In Georgia lag Trump zuletzt mit zwei Prozentpunkten vorn, in Pennsylvania Harris mit drei Punkten.

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