Quelle: Manuela Zydor
Service aktuellKatja Rietzler über den Solidaritätszuschlag: "Jahr für Jahr ein zweistelliger Milliardenbetrag"
Die FDP-Bundestagsfraktion klagt gegen den Solidaritätszuschlag beim Bundesverfassungsgericht. IMK-Steuerexpertin Katja Rietzler erläutert im Interview die möglichen Konsequenzen und warum der Soli für die oberen zehn Prozent der Einkommen besser erhalten bleiben sollte.
Nach langen politischen Debatten über die Zukunft des Solidaritätszuschlags und einer Einigung von Union und SPD auf eine Teilabschaffung klagt die FDP nun in Karlsruhe dagegen und will den Solidaritätszuschlag so ganz zu Fall bringen. Welche Konsequenzen hätte das im Falle eines Erfolgs der Klage?
Katja Rietzler: Die Konsequenzen wären spürbar. Das Steueraufkommen aus dem Solidaritätszuschlag betrug im vergangenen Jahr knapp 20 Milliarden Euro. Mit der für das kommende Jahr vorgesehenen Teilabschaffung für 90 Prozent der Zahler waren für das verbleibende Aufkommen immer noch rund 10 Milliarden Euro veranschlagt.
Derzeit fallen die Steuereinnahmen bedingt durch die Krise zwar niedriger aus. Mittelfristig würde dem Bund, dem der Solidaritätszuschlag zusteht, aber Jahr für Jahr ein zweistelliger Milliardenbetrag fehlen.
Das IMK argumentiert schon lange, dass die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags für die einkommensstärksten Gruppen aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit sinnvoll ist, aber auch, um einen die Staatsfinanzen zu stabilisieren. Hat die durch Corona ausgelöste Wirtschaftskrise an dieser Einschätzung etwas geändert?
Ab 2021 wird der Solidaritätszuschlag bei der Einkommensteuer nur noch für Steuerzahler aus dem obersten Dezil fällig, also dem Zehntel der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen. Soweit das Einkommen dieser Steuerzahler krisenbedingt vermindert ist, fällt auch der Solidaritätszuschlag entsprechend geringer aus. Insofern bedeutet der Zuschlag in der Krise keine zusätzliche Belastung.
Eine völlige Streichung würde nur wenig zu einer Belebung der Wirtschaft beitragen, weil die betroffenen einkommensstarken Haushalte tendenziell eine höhere Sparneigung haben, also zusätzliches Einkommen nur zu einem geringen Teil konsumieren. Gleichzeitig würden die Corona-bedingt ohnehin großen Haushaltslöcher noch vergrößert.
Falls die Richter in Karlsruhe der FDP Recht geben: Wäre es eigentlich denkbar, dass man die Steuersätze des Solidaritätszuschlags quasi in die normale Einkommenssteuer integriert, so dass die Sätze insgesamt gleich hoch bleiben?
Eine Integration des Solidaritätszuschlags in die zugrundeliegenden Steuern – Einkommensteuer und Körperschaftsteuer – würde sich auch heute schon anbieten. Damit würde Rechtssicherheit hergestellt und das Aufkommen bliebe dem Staat erhalten.
Dabei wäre allerdings zu beachten, dass die Einkommensteuer als Gemeinschaftsteuer teilweise auch den Ländern und Gemeinden zusteht und die Körperschaftsteuer zu gleichen Teilen auf Bund und Länder entfällt. Der Bund würde also ohne Korrekturen bei der Steuerverteilung Aufkommen verlieren.