Berichtszeitraum 1. April - 30. Juni 2019: Newsletter zum Europäischen Arbeitsrecht
Der 26. Ausgabe des HSI-Newsletters liegt der Berichtszeitraum April bis Juni 2019 zugrunde. Informiert wird - wie gewohnt - über aktuelle Entwicklungen im Europäischen Arbeitsrecht, an denen es im vergangenen Quartal erneut nicht gemangelt hat.
Die deutsche Praxis des Arbeitszeitrechts wurde durch die Rechtsprechung des EuGH mit gleich zwei wegweisenden Urteilen wieder einmal umgewälzt. Besondere Aufmerksamkeit erhält die Entscheidung in der Rs. CCOO (C-55/18), die die Anforderungen an Systeme zur Arbeitszeiterfassung betrifft. Die Bedeutung dieser Entscheidung - unter besonderer Berücksichtigung der Konsequenzen für verschiedene Akteure - wird von Klaus Lörcher in der Anmerkung unter II. dargestellt. Das zweite Urteil (Rs. Syndicat des cadres de la sécurité intérieure - C-254/18) enthält wichtige Klarstellungen zur Berechnung der Bezugszeiträume zulässiger wöchentlicher Höchstarbeitszeiten. Rudolf Buschmann bespricht diese in der Anmerkung unter III. Beiden Autoren gilt unser besonderer Dank für die Aufbereitung und Besprechung der Urteile.
Im Berichtszeitraum wurden daneben Urteile des EuGH und Schlussanträge der Generalanwälte u.a. zur Befristung der Arbeitsverhältnisse von Lehrern und Beschäftigten an Hochschulen veröffentlicht. Die Ungleichbehandlung von teilzeitbeschäftigten angestellten Lehrern gegenüber verbeamteten Lehrern bei der Vergütungszulage war Gegenstand eines weiteren Urteils. In verschiedenen Urteilen hat der EuGH das Betriebsübergangsrecht weiter ausdifferenziert. Auch über die betriebsbedingte Kündigung von Arbeitnehmern in Elternzeit und über die Bedeutung des Maßregelungsverbots von Arbeitnehmern, die diskriminierte Kolleginnen und Kollegen im Beschwerdeverfahren unterstützen, wurde entschieden. Zudem hat Generalanwalt Hogan in einem deutschen Vorlageverfahren die Schlussanträge zu Fragen der Insolvenzsicherung in der betrieblichen Altersversorgung gestellt. Ein neues Vorlageverfahren des BAG greift die Frage nach den Grenzen eines Verbots religiöser Zeichen am Arbeitsplatz auf. Vor dem Hintergrund der Massenentlassungen und Verhaftungen im Nachgang des Putschversuchs in der Türkei befasste sich der EGMR mit der Aufhebung der richterlichen Immunität. Weiter traf er Entscheidungen zum Recht von Strafgefangenen auf Bildung, der Ablehnung eines Bewerbers aufgrund privater Verhaltensweisen und zu verfahrensrechtlichen Fragen. Der Gerichtshof wird sich in Zukunft mit weiteren relevanten Fragestellungen befassen: Neu zugestellte Beschwerdeverfahren betreffen u.a. die Rechtmäßigkeit des Verbots einer Streikmaßnahme (Boykott) im Transportsektor und eine Kündigung aufgrund Whistleblowing.
Die "Sonstigen Informationen" unter VI. bieten die gewohnte Übersicht über die weiteren aktuellen Entwicklungen im europäischen und internationalen Arbeitsrecht. Auf Unionsebene stehen u.a. die Auswirkungen der Digitalisierung auf die europäischen Arbeitsmärkte, legislative Verbesserungen für die Ruhezeiten von Arbeitnehmern im Güterverkehr und die Annahme des Richtlinienentwurfs zum Schutz von Whistleblowern im Fokus. Der ESC-Ausschuss hatte im Verbot für Beschäftigte der italienischen Finanzpolizei, Gewerkschaften zu gründen bzw. ihnen beizutreten, einen Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit (Art. 5 RESC) erkannt. Um Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt entgegen zu wirken hat die ILO jüngst das Übereinkommen Nr. 190 verabschiedet. Der ILO-Sachverständigenausschuss forderte Deutschland dazu auf, Regelungslücken in Bezug auf Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung zu schließen, Informationen zum Entgelttransparenzgesetz vorzulegen und Maßnahmen gegen das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen zu ergreifen.
Quelle
Hlava, Daniel; Lörcher, Klaus; Buschmann, Rudolf; Höller, Johannes; Klengel, Ernesto; Jessolat, Karsten; Bustami, Ammar:
Newsletter zum Europäischen Arbeitsrecht
Newsletter zum Europäischen Arbeitrecht, 55 Seiten