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Keyvisual der Tagung Unternehmen gegen Rechts mit Händen, die sich verinden

Tagung: Die neue Rolle des Aufsichtsrates - Unternehmen und ihre politische Haltung

Veranstalter: Hans-Böckler-Stiftung
Ort: Frankfurt am Main , Hotel NH Collection Spin Tower
vom: 18.11.2024, 12:00 Uhr
bis: 18.11.2024, 18:00 Uhr

Viele Menschen sorgen sich um die Zukunft unserer Demokratie, unter anderem vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahlen im Februar 2025. Der Aufstieg rechtspopulistischer und rechtsextremer Bewegungen in Deutschland und Europa gefährdet die liberale Demokratie und rüttelt an den Fundamenten unserer offenen Gesellschaft. Der Ton in vielen gesellschaftlichen Debatten hat sich massiv verschärft, die Debatten polarisieren. Das erleben Betriebs- und Aufsichtsräte zum Teil auch im Betrieb.  

Die politische Positionierung von Unternehmen für eine offene Gesellschaft sowie gegen rechtspopulistische und rechtsextreme Einflüsse in der Gesellschaft gewinnt an Bedeutung. Noch scheinen die Unternehmen, die sich für Demokratie und Rechtstaatlichkeit einsetzen, in der Mehrzahl zu sein. Wie schnell sich dies ändern kann, zeigen aktuelle Entwicklungen in den USA aber auch in Österreich.  

Zahlreiche deutsche Unternehmen haben sich zuletzt Initiativen angeschlossen, die öffentlich für Demokratie und Toleranz und gegen Ausgrenzung werben. Ebenso haben sich einzelne Vorstände medienwirksam geäußert. Zunehmend stellt sich die Frage: Welche Rolle kommt dem Aufsichtsrat als oberstem Kontroll- und Beratungsgremium bei einer politischen Positionierung eines Unternehmens zu? Wie kann man die politische Positionierung von Unternehmen im Aufsichtsrat ansprechen? Diese Fragen haben wir auf einer Veranstaltung am 17.11.24 gemeinsam mit Prof Dr. Markus Scholz, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Responsible Management an der Technischen Universität Dresden, und Aufsichtsräten in Frankfurt am Main diskutiert. 

Corporate Governance Perspektive 

Aus Corporate Governance Perspektive drängt sich die Frage nach dem Reputationsrisiko für ein Unternehmen auf. Das Aktiengesetz sieht vor, dass der Aufsichtsrat den Vorstand bzw. die Geschäftsführung kontrolliert und überwacht. Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, die Maßnahmen des Risikomanagements zu überwachen. 

Die Analyse und Steuerung möglicher Reputationsrisiken etwa durch die Positionierung aber auch durch das Ausbleiben ebendieser kann daher auch eine Frage sein, die im Aufsichtsrat diskutiert werden sollte, besonders vor dem Hintergrund, dass sich viele Unternehmen öffentlichkeitswirksam Kampagnen wie der Initiative „#NieWiederIstJetzt der deutschen Wirtschaft gegen Judenhass“ anschließen.  

Zudem können mögliche volkswirtschaftliche Auswirkung der Erstarkung von rechtsextremen Bewegungen in Deutschland etwa auf die Fachkräftegewinnung aus dem Ausland als Thema für den Aufsichtsrat relevant sein. 

Insgesamt zeigt die Debatte rund um das Thema Nachhaltigkeit auf, dass ein Unternehmen eben nicht länger ausschließlich dafür verantwortlich ist, Profite zu generieren und das investierte Kapital der Anteilseigner*innen zu vergrößern. Das Analyseprinzip der doppelten Wesentlichkeit in der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung legt nahe, dass ein Unternehmen sich verstärkt mit der eigenen Auswirkung auf Menschenrechte, auf die Rechte der eigenen Beschäftigten, auf den Klimawandel auseinandersetzen muss. Diese KPI können ebenfalls verstärkt in der Unternehmensstrategie aber auch etwa bei der variablen Vorstandsvergütung verwendet werden. 

Stärkung der gelebten Demokratie im Unternehmen als zentraler Pfeiler 

Neben der Kommunikation nach außen stellt sich ebenfalls die Frage, was Unternehmen nach innen zur Stärkung von demokratischen Werten innerhalb der Belegschaft tun können. Besonders problematisch ist es immer dann, wenn nach außen der Wert von Demokratie und Rechtstaatlichkeit hochgehalten wird aber nach innen Demokratie am Arbeitsplatz etwa durch die Behinderung von Betriebsratsarbeit oder das Umgehen der Unternehmensmitbestimmung. 

Betriebsräten und Arbeitnehmervertreter*innen im Aufsichtsrat kommt als Repräsentant*innen der Mitbestimmung der der Förderung von Demokratie eine besondere Bedeutung zu. Ein gutes Beispiel zur Stärkung der Demokratie und Vielfalt im Unternehmen stellt Betriebsrätin Doreen Trolldenier von der Commerzbank vor. Dort ist es mit Mitarbeitendennetzwerken gelungen eine sichere Austauschplattform für LGBTQI innerhalb des Unternehmens zu schaffen. Darüber hinaus beteiligt sich das Unternehmen an der Initiative Business Council for Democracy, bei der Beschäftigte im Umgang mit Hate Speech geschult werden. 

Bildungsurlaub kann eine weitere Möglichkeit sein, Beschäftigte im Unternehmen in den Bereich Demokratie und Antifaschismus weiterzubilden. In NRW beträgt der Anspruch auf Bildungsurlaub 5 Tage bei Vollzeitbeschäftigten. Auch hier kann es sich lohnen ggf. mit den Arbeitgebenden über eine Unterstützung oder Ausweitung des gesetzlich verbrieften Anspruchs zu sprechen und dies ggf. in einer Betriebsvereinbarung zu fixieren. 

Schlussendlich ist es entscheidend, Diskussionen im Aufsichtsrat und Betriebsrat zur Stärkung von Demokratie im Betrieb anzustoßen. Gerade in schwierigen Zeiten müssen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen ihrer Verantwortung im Sinne einer wehrhaften Demokratie gerecht werden. 

Weitere Infos:

I.M.U. Podcast "Fokus Aufsichtsrat"

#6 Neue Rolle des Aufsichtsrates - Politische Verantwortung von Unternehmen
In dieser Folge sprechen wir über die politische Positionierung von Unternehmen in Zeiten des Aufstiegs rechtspopulistischer Bewegungen und die Rolle des Aufsichtsrates. Wie können Unternehmen Demokratie stärken und sich gegen antidemokratische Tendenzen positionieren?
Podcast zum Anhören

Kontakt:

Maxi Leuchters

Geschlossene Veranstaltung für ausgewählte Teilnehmer*innen

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