Quelle: WSI
WSI-MitteilungenMayer-Ahuja, Nicole : Hoch die internationale Solidarität? Grenzüberschreitende Beschäftigung zwischen Fragmentierung und dem Kampf um die Erweiterung des „Wir“
DOI: 10.5771/0342-300X-2024-5-337
Seiten 337–345
Zusammenfassung
Die alte Forderung der Arbeiter*innenbewegung nach „internationaler Solidarität“ ist schwer zu verwirklichen, denn die im Kapitalismus unvermeidliche Differenz und Konkurrenz zwischen Arbeitenden ist im Falle von Beschäftigten in bzw. aus verschiedenen Weltregionen besonders ausgeprägt. In diesem Beitrag wird diskutiert, inwiefern trotz aller Fragmentierung Potenziale für eine solidarische Erweiterung des „Wir“ zu erkennen sind. Zwar profitieren Unternehmen von Unterschieden (etwa hinsichtlich Arbeitsregulierung oder Reproduktionskosten) zwischen Weltregionen, von der Benachteiligung migrantischer Arbeitskräfte etc., und zwar sowohl im Sinne der Gewinnmaximierung als auch im Sinne der Herrschaftssicherung. Dennoch können aus der gemeinsamen Erfahrung mit der faktischen Einschränkung der Freiheit von Lohnarbeit und aus der konkreten Kooperation im Arbeitsprozess Potenziale für verbindende Politik entstehen. Dies gilt besonders dort, wo sich einheimische und migrantische Beschäftigte (auf Basis von für alle geltenden Rechten und der Vertretung durch denselben Betriebsrat bzw. dieselbe Gewerkschaft) als Kolleg*innen begegnen können.
Schlagworte: Industrielle Beziehungen, Gewerkschaftspolitik, Internationalisierung, Migration, Solidarität
Abstract
“International solidarity” has been among the most long-standing demands of the working-class movement. At the same time, it is hard to meet, since the differences as well as the competition between wage-earners, which are unavoidable under capitalist conditions, are especially pronounced when it comes to workers in or from different world regions. In this article, it is discussed to what extent potentials for solidarity between them can still be recognised, despite all fragmentation: are there chances to expand the notion of who is “we”? It is true that companies benefit from differences (e. g. in terms of labour regulation or reproduction costs) in different parts of the world, as well as from the discrimination or exploitation of migrant workers, etc., both in terms of maximising their profits and of safeguarding their domination over workers. Nevertheless, unifying political strategies can still be envisaged, resulting from common experiences with the actual limits of freedom with regard to formally “free wage labour”, as well as from cooperation in the labour process. This applies especially to constellations in which local and migrant workers encounter each other as “colleagues”, enjoying the same rights and being represented by the same works council or trade union.