Nussbaum Bitran, Ilana / Dingeldey, Irene : Auf der Suche nach inklusiver transnationaler Solidarität: Gewerkschaften und entsendete Arbeitnehmer*innen
DOI: 10.5771/0342-300X-2024-5-346
Seiten 346–354
Zusammenfassung
Die Entsendung beinhaltet, dass Arbeitgeber*innen ihre Mitarbeiter*innen in andere EU-Mitgliedsländer schicken, um dort vorübergehend Dienstleistungen zu erbringen. Da die Arbeitnehmer*innen sich nur für kurze Zeit in den Gastländern aufhalten, keinen Arbeitsvertrag mit Arbeitgeber*innen „vor Ort“ haben und in der Regel die Landessprache nicht sprechen, war eine Vertretung durch die Gewerkschaften des Gastlandes bislang quasi ausgeschlossen. Die Autorinnen fragen, ob bzw. wie sich transnationales solidarisches Handeln entwickelt, um entsendete Arbeitnehmer*innen zu unterstützen und zu organisieren. In den untersuchten Sektoren Bau und Transport stechen drei Initiativen hervor: „Faire Mobilität“ als Beratungsform, die „Mitgliedschaft Light“ bei der IG BAU, und eine von der Europäischen Föderation der Transportgewerkschaften (ETF) ins Leben gerufene „transnationale Mitgliedschaft“. Die Beispiele sind als Formen inklusiver transnationaler Solidarität mit unterschiedlicher Reichweite zu interpretieren. Allen ist gemeinsam, dass sich Motive des Eigeninteresses (Abwehr einer Verschlechterung der heimischen Arbeitsbedingungen) mit Klassen-universalistischen oder -altruistischen Motiven (Unterstützung von Ausgebeuteten) verbinden.
Schlagworte: mobile Arbeit, Industrielle Beziehungen, Gewerkschaftspolitik, Internationalisierung, Solidarität
Abstract
Posting involves the sending of employees to other EU member states to provide temporary services. Posted workers are often confronted with precarious working conditions or even labour exploitation. As they are only in the host countries for a short period of time and usually do not speak the local language, representation by the trade unions of the host country has so far been virtually impossible. To address this problem, trade unions have developed new strategies to service and organise posted workers. The authors present three initiatives: “Fair Mobility” – an advisory service, the “Membership Light” – an initiative of the German union IG BAU, and a “Transnational Membership” launched by the European Transport Workers’ Federation (ETF). The examples can be interpreted as forms of inclusive transnational solidarity with varying scope. One of the preconditions is that motives of self-interest (preventing a deterioration of domestic working conditions) are combined with universal class or altruistic motives (supporting the exploited).