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Zähe Fortschritte Böckler Impuls

Gleichstellung: Zähe Fortschritte

Ausgabe 04/2022

In vielen Bereichen geht es voran mit der Geschlechtergerechtigkeit. Doch Bremsklötze sind nach wie vor die traditionelle Arbeitsteilung, die Präsenzkultur und ungleiche Berufsbewertungen.

Bei Bildung, Erwerbstätigkeit, Einkommen und sozialer Absicherung im Alter haben Frauen in Deutschland während der vergangenen Jahre gegenüber Männern aufholen können. In einzelnen Bereichen wie den Schulabschlüssen stehen sie mittlerweile sogar etwas besser da. Dazu haben auch verbesserte gesellschaftliche Rahmenbedingungen beigetragen, beispielsweise der Ausbau öffentlicher Kinderbetreuung oder Geschlechterquoten. Trotzdem sind Frauen nach wie vor beruflich, wirtschaftlich und sozial in vielerlei Hinsicht benachteiligt. Und einige Entwicklungen während der Coronakrise sind zweischneidig oder in ihren Folgen noch nicht absehbar: So hat sich etwa der Rückstand von Frauen bei der Erwerbsbeteiligung im Jahr 2020 dadurch verringert, dass mehr Männer als Frauen ihre Erwerbstätigkeit aufgaben. Der Anteil der Paare, bei denen Mann und Frau zu gleichen Teilen die Betreuung der Kinder übernehmen, hat zuletzt sogar abgenommen. Das zeigt ein WSI-Report zum Stand der Gleichstellung, den die WSI-Forscherin Yvonne Lott gemeinsam mit Dietmar Hobler, Svenja Pfahl und Eugen Unrau vom Berliner SowiTra-Institut verfasst hat.

Um dem Fortschritt bei der Geschlechtergerechtigkeit mehr Schwung zu verleihen, sollte unter anderem die institutionelle Kinderbetreuung weiter ausgebaut werden, erklären die Forschenden. Darüber hinaus empfehle es sich, für mehr „egalitäre Erwerbskonstellationen“ in Familien zu sorgen, beispielsweise durch die Förderung flexibler Arbeitszeitarrangements für Männer und Frauen oder mehr Partnermonate beim Elterngeld. Statt Präsenz- und Überstundenkultur brauche es mehr Arbeitsplätze in kurzer Vollzeit. Systemrelevante Berufe im Sozial-, Erziehungs- und Gesundheitswesen gelte es aufzuwerten, Stereotype bei der Berufswahl abzubauen. Die Reichweite verpflichtender Geschlechterquoten für Vorstände und Aufsichtsräte großer börsennotierter Unternehmen sollte ausgeweitet werden.

Dietmar Hobler, Yvonne Lott, Svenja Pfahl, Eugen Unrau: Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland, WSI-Report Nr. 72, Februar 2022

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