Quelle: HBS
Böckler ImpulsUrlaubsgeld: Willkommenes Extra
In Deutschland erhält etwas weniger als die Hälfte aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft Urlaubsgeld. Unter den Tarifbeschäftigten sind es jedoch fast drei Viertel.
„Angesichts der hohen Inflationsraten ist das Urlaubsgeld für viele Beschäftigte in diesem Jahr ein Segen“, sagt Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs. „Es schafft ein bisschen Luft, um die deutlich gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise zu tragen, auch wenn dies auf Kosten der Urlaubskasse gehen könnte.“ Problematisch sei allerdings, „dass immer noch mehr als jede und jeder zweite Beschäftigte beim Urlaubsgeld leer ausgeht. Gerade im Niedriglohnsektor, wo diese Sonderzahlung derzeit am nötigsten gebraucht würde, wird sie am seltensten ausgezahlt.“
Ob Beschäftigte Urlaubsgeld erhalten oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab. Der mit Abstand wichtigste ist die Tarifbindung. So erhalten 74 Prozent der Beschäftigten in tarifgebunden Unternehmen der Privatwirtschaft Urlaubsgeld. In Unternehmen ohne Tarifvertrag sind es nur 36 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Online-Befragung des WSI-Internetportals Lohnspiegel.de. Für die Analyse wurden die Angaben von mehr als 66 000 Beschäftigten aus dem Zeitraum von Anfang Mai 2021 bis Ende April 2022 ausgewertet.
In Ostdeutschland wird deutlich seltener Urlaubsgeld gezahlt als in Westdeutschland. Während im Osten 32 Prozent der Beschäftigten eine entsprechende Sonderzahlung erhalten, beträgt die Quote im Westen 48 Prozent. Dieser Unterschied ist in erster Linie auf die deutlich geringere Tarifbindung im Osten Deutschlands zurückzuführen. So arbeiten 54 Prozent der westdeutschen, aber nur 45 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten in Betrieben mit Tarifvertrag. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Größe des Unternehmens. Je größer der Betrieb, desto eher gibt es Urlaubsgeld.
Auch bei den Geschlechtern zeigen sich klare Unterschiede. So arbeiten Männer mit 49 Prozent häufiger in Betrieben, die Urlaubsgeld zahlen, als Frauen mit 41 Prozent. Schließlich hängt die Wahrscheinlichkeit auch mit der Höhe des monatlichen Einkommens zusammen. Geringverdienende mit einem Bruttomonatslohn von unter 2300 Euro erhalten nur zu 36 Prozent ein Urlaubsgeld. In den darüberliegenden Entgeltgruppen sind es hingegen an die 50 Prozent. Auch in dieser Hinsicht dürfte ein enger Zusammenhang mit der Tarifbindung bestehen, da diese im Niedriglohnsektor deutlich geringer ausfällt.