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HBS Böckler Impuls

Serie Ungleichheit: Wie verbreitet ist Armut in Deutschland?

Ausgabe 06/2017

Auch in einem reichen Land wie Deutschland sind viele Menschen arm.

Seit Anfang der 1990er-Jahre ist der Anteil der Armen an der Gesamtbevölkerung gestiegen, besonders stark in der ersten Hälfte der 2000er-Jahre. Im Jahr 2015 kletterte die Armutsquote nach Daten des Statistischen Bundesamtes auf 15,7 Prozent – und damit auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Das bedeutet: Jeder Sechste lebt in relativer Armut. Nach der in der Wissenschaft gängigen Definition gilt eine Person dann als arm, wenn sie in einem Haushalt lebt, dem weniger als 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Nettohaushaltseinkommens zur Verfügung steht.

Der jüngste Anstieg der Armutsquote hängt auch mit der Zuwanderung zusammen: Viele Menschen, die nach Deutschland kommen, haben zunächst ein sehr niedriges Einkommen. Das schlägt sich nun in der Statistik nieder. Betrachtet man dagegen nur die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund, ist die Armutsquote in den vergangenen beiden Jahren nicht gestiegen. Allerdings: Angesichts der guten Konjunktur wäre zu erwarten gewesen, dass die Armut zurückgeht. Das ist nicht geschehen – obwohl es weniger Arbeitslose gibt.

Hinzu kommt: Wer einmal arm ist, hat es immer schwerer, aus der Armut herauszukommen. Zwischen 1991 und 1995 schafften es rund 47 Prozent der Armen, in die untere Mitte aufzusteigen. Von 2009 bis 2013 gelang dies nur noch 36 Prozent. Auch für Personen direkt oberhalb der Armutsgrenze sind die Aufstiegschancen gesunken, während ihr Risiko, in Armut abzurutschen, gewachsen ist. Die Absteiger sind häufig geringqualifiziert, Minijobber oder arbeitslos. Auch alte Menschen sind zunehmend von Armut betroffen. Neben der relativen Einkommensarmut gibt es noch weitere Dimensionen von Armut, die sich zum Beispiel darauf beziehen, ob ein Mensch über genügend Mittel verfügt, um am „normalen“ gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu sein, kann für Betroffene ebenso hart sein wie materielle Entbehrungen.

  • Trotz guter Konjunktur ist die Armutsquote in den vergangenen Jahren nicht gesunken. Zur Grafik

Dorothee Spannagel: Trotz Aufschwung: Einkommensungleichheit geht nicht zurück (pdf), WSI-Verteilungsbericht 2015, November 2015

Dorothee Spannagel: Soziale Mobilität nimmt weiter ab, WSI-Verteilungsbericht 2016, September 2016

Eric Seils: Wie wirkt sich Einwanderung auf die Armut aus?, WSI-Verteilungsmonitor, September 2016

Christoph Butterwegge: Der Streit um den Armutsbegriff: Polemiken, Probleme, Perspektiven, in: Soziale Sicherheit 11/2015

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