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Wie Amazon seine Beschäftigten kontrolliert Böckler Impuls

Digitalisierung: Wie Amazon seine Beschäftigten kontrolliert

Ausgabe 09/2022

Amazon nutzt digitale Technologien, um Beschäftigte zu überwachen. Gewerkschaften und Datenschützer kritisieren den Konzern scharf.

Mit Apps, Scannern und Kameras sammelt Amazon permanent Daten über seine Beschäftigten. So ist der Versandhändler darüber informiert, wo sich einzelne Angestellte befinden, ob sie sich mit Kolleginnen und Kollegen unterhalten, wann sie pausieren oder wie viel Zeit sie für eine Aufgabe benötigen. Die Kontrolle reicht bis zur Zustellung der Pakete an der Wohnungstür. Wie die Überwachung organisiert ist, zeigt ein Beitrag von Tina Morgenroth aus dem „Atlas der digitalen Arbeit“, den die Hans-Böckler-Stiftung und der DGB herausgeben. 

Das Geschäftsmodell von Amazon basiere „auf einer Steuerung und Kontrolle der Arbeit durch Vernetzung und künstliche Intelligenz“, heißt es in dem Artikel. Das gelte nicht nur in den USA, sondern auch für die 18 Logistikzentren, 5 Sortierzentren und mehr als 50 Verteilzentren in Deutschland. Allein in der Zustellung, auf der sogenannten „letzten Meile“, arbeiteten bundesweit rund 25 000 Fahrerinnen und Fahrer, in der Regel Subunternehmer beziehungsweise Soloselbstständige. Viele von ihnen hätten einen Migrationshintergrund und besäßen wenig Deutschkenntnisse. Angeworben würden sie häufig von Vertragspartnern in der Sprache ihres Herkunftslandes: „Doch wer nicht gut Deutsch spricht und versteht, weiß meist auch wenig über das deutsche Arbeitsrecht: dass Pausen vorgeschrieben sind, zu welchen Arbeitsschutzmaßnahmen der Arbeitgeber verpflichtet ist und was ein Arbeitsvertrag unbedingt enthalten muss.“ 

Atlas der digitalen Arbeit

Der neue Atlas der digitalen Arbeit, den die Hans-Böckler-Stiftung und der DGB herausgeben, zeigt, wie Digitalisierung die Arbeitswelt verändert. Es geht um digitale Transformation in der Industrie, im öffentlichen Dienst, im Gesundheitswesen, der Logistik oder an Schulen. Um die Bezahlung von IT-Fachleuten und Clickworkern. Um Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz bei Bewerbungsverfahren, Überwachung durch den Arbeitgeber, um Gleichstellung im Homeoffice oder die Bereitschaft, sich von einem Roboter pflegen zu lassen. Im Zentrum steht die Frage, was Digitalisierung für die Beschäftigten bedeutet und wie sie sich in ihrem Sinne gestalten lässt. 

Kostenlos bestellen oder downloaden unter: www.boeckler.de/atlas-der-arbeit


Die Überwachung der Beschäftigten sei lückenlos, schreibt die Autorin. So würden beispielsweise die Kuriere ganztägig durch die vorgegebene Route in der App „Flex“ gesteuert – die konkreten Vorgaben gelten auch für die solo­selbstständigen Kuriere. In den USA und mittlerweile auch in Deutschland gehe der Konzern mit der App „Mentor“ sogar noch einen Schritt weiter. Diese erfasse Arbeitszeiten, das Fahrverhalten und die Nutzung des Telefons in Echtzeit. So könnten Vorgesetzte Beschäftigte, die nicht schnell genug arbeiten, durch Anrufe und Textnachrichten zu mehr Leistung antreiben. Wer negative Bewertungen bekommt oder Pakete verliert, könne für Tage oder Wochen gesperrt werden, ohne Lohn zu erhalten, oder müsse mit einer Kündigung rechnen. Amazon bereite zudem ein neues Kontrollsystem für das Autofahren vor. Das „Driveri“-Kamerasystem mit vier Videokameras registriere fortlaufend das Fahrverhalten – zum Beispiel, wer wie schnell fährt oder bremst. Das solle Unfälle vermeiden, setze aber zugleich die Fahrer und Fahrerinnen noch mehr unter Druck. 

Gewerkschaften und Datenschützer kritisieren die Arbeitsbedingungen bei Amazon scharf. Sie beobachten Verstöße gegen Arbeitszeitgesetze, das Mindestlohngesetz, das Gesetz zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und den Datenschutz. Zu wenige Beschäftigte hätten einen unbefristeten Vertrag, der ihnen den Arbeitsplatz sichert, auch wenn sie streiken oder einen Betriebsrat gründen, schreibt Morgen­roth. Zwar gebe es in einigen deutschen Amazon-Logistikzentren bereits Betriebsräte und es wurden Streiks erfolgreich durchgeführt. Bisher sei es aber noch nicht gelungen, einen Tarifvertrag abzuschließen, der die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen verbindlich sichert.

Tina Morgenroth: Amazon, Daten und Pakete, in: Atlas der digitalen Arbeit, ein Gemeinschaftsprojekt des DGB und der Hans-Böckler-Stiftung, Mai 2022

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