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HBS Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Wenn ein Job nicht reicht

Ausgabe 06/2019

Wenn Erwerbstätige sich für einen Zweitjob entscheiden, stecken oft finanzielle Schwierigkeiten dahinter. Überlange Arbeitszeiten sind an der Tagesordnung.

Im Jahr 2017 hatten 3,3 Millionen Erwerbstätige einen ­Nebenjob, der Anteil an allen Beschäftigten hat sich zwischen 2003 und 2016 von 4,4 auf 8,3 Prozent fast verdoppelt. Darauf weisen die WSI-Forscherinnen Jutta Höhne und Karin Schulze Buschoff sowie Sebastian Graf und Alexander Mauß vom Berliner Meinungsforschungsinstitut Mauss Research in einer aktuellen Studie hin. Ihrer Untersuchung zufolge ist Mehrfachbeschäftigung oft mit enormer Arbeitsbelastung verbunden.

Um einen Überblick über die Beschäftigungsstrukturen, die Arbeitsbedingungen und die Motive für Mehrfachbeschäftigung zu gewinnen, haben die Wissenschaftler eine Online-Befragung von 545 Betroffenen ausgewertet. Von den Befragten haben 93 Prozent zwei Jobs, 7 Prozent sogar mehr als zwei. Ihre Haupttätigkeit üben 82 Prozent als abhängig Beschäftigte aus, ihre Nebentätigkeit dagegen nur 51 Prozent. Männer, Ältere und Hochqualifizierte sind besonders oft selbstständig.

Ein wichtiges oder sehr wichtiges Motiv für die Aufnahme eines Zweitjobs war für zwei Drittel der Befragten das Einkommen aus dieser Tätigkeit. Bei über der Hälfte waren „finanzielle Not“ oder „finanzielle Schwierigkeiten“ ausschlaggebend. Knapp ein Viertel konnte keine Vollzeitstelle finden und musste so das Einkommen aufstocken.

Inhaltlich handelt es sich bei den Nebenjobs oft um Helfertätigkeiten: 39 Prozent verrichten einfache Arbeiten für Ungelernte, etwa in den Bereichen Transport und Logistik, Reinigung oder Gastronomieservice. 18 Prozent sind nebenberuflich kreativ oder in Sachen „Lifestyle“ tätig, 14 Prozent widmen sich dem Gebiet Bildung und Soziales. Drei Viertel sind dabei sowohl in einer anderen Branche als auch in einem anderen Berufsfeld tätig als in ihrem Hauptjob. Die Qualifikationsanforderungen sind im Hauptberuf meistens höher: Nur 10 Prozent brauchen hier keine Ausbildung, bei den Nebenjobs gilt das für 59 Prozent.

  • Das Einkommen aus Nebentätigkeiten fällt in der Regel eher gering aus. Zur Grafik

Das Einkommen aus der Nebentätigkeit fällt der Studie zufolge in der Regel gering aus: Zwei Drittel der Nebenjobber verdienen maximal 450 Euro, nur ein Zehntel von ihnen kommt auf 1000 Euro oder mehr. Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit beträgt im Schnitt 8 Stunden pro Woche, Mehrarbeit fällt bei 17 Prozent der Befragten regelmäßig an. Rechnet man die Dauer der Haupttätigkeit dazu, ergebe sich oft eine „bedenkliche“ Arbeitsbelastung, warnen die Forscher: In Summe arbeitet ein Drittel der Befragungsteilnehmer wöchentlich 50 Stunden und mehr, 13 Prozent kommen sogar auf mindestens 60 Stunden.

Auch was die sonstigen Arbeitsbedingungen angeht, müssen Mehrfachbeschäftigte genügsam sein: Fast die Hälfte von ihnen arbeitet im Nebenjob auf Abruf. Von einem Betriebsrat werden während der nebenberuflichen Tätigkeit nur 12 Prozent vertreten, Weiterbildung erhalten 26 Prozent. 

  • Summiert man die Dauer von Haupt- und Nebentätigkeit, ergibt sich oft eine bedenkliche Arbeitsbelastung. Zur Grafik

Sebastian Graf, Jutta Höhne, Alexander Mauß, Karin Schulze Buschoff: Mehrfachbeschäftigungen in Deutschland, WSI-Report Nr. 48, März 2019

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