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HBS Böckler Impuls

Gewinn- und Kapitalbeteiligung: Wenig Anteile für die Beschäftigten

Ausgabe 17/2006

Finanzielle Mitarbeiterbeteiligung ist in Deutschland die Ausnahme. In Frankreich oder Großbritannien sind Gewinn- und Kapitalbeteiligung deutlich weiter verbreitet.

Mitarbeiter durch Beteiligung an Gewinn oder Kapital ans Unternehmen zu binden, ist für viele deutsche Unternehmen kein Thema. 2005 schütteten nur 9 Prozent der Betriebe Gewinnanteile an die Belegschaft aus, und nur 2 Prozent geben Kapitalanteile gezielt an Arbeitnehmer. Bei beiden Beteiligungsarten ist seit 2001 keine nennenswerte Zunahme festzustellen. Das geht aus einer repräsentativen Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.* Die Auswertung zeigt, in welchen Betrieben Beteiligungsprogramme besonders häufig sind:

Großbetriebe mit über 500 Beschäftigten geben ihren Mitarbeitern zu 34 Prozent etwas vom Gewinn ab. Unter Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern liegt die Quote nur bei 8 Prozent. Auch Kapitalbeteiligung gibt es in Großbetrieben öfter als in kleinen.

Kredit- und  Versicherungsgewerbe, Bergbau, Energie- und  Wasserwirtschaft - das sind die Branchen, in denen Gewinnbeteiligung am weitesten verbreitet ist. Jeder vierte Betrieb zahlt hier Boni an die Mitarbeiter. Bei der Kapitalbeteiligung sind kaum Unterschiede zwischen verschiedenen Branchen auszumachen.

Hohe Anteile qualifizierter Mitarbeiter steigern die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitgeber der Belegschaft Teile des Gewinns überweisen oder sie am Kapital der Firma beteiligen. Das Gleiche gilt für jüngere technologieorientierte Betriebe, die ihren Fachkräften (noch) keine hohen Festgehälter zahlen können.

Ertragsstarke Betriebe schütten eher Gewinne an Beschäftigte aus als andere. Ausnahmen bilden Betriebe, in denen Beteiligungsprogramme Bestandteil eines Sanierungskonzepts sind.

Betriebe in ausländischem Besitz verfügen überdurchschnittlich oft über Beteiligungssysteme - weil finanzielle Arbeitnehmerbeteiligung in vielen anderen Ländern weiter verbreitet ist.

Wie steht Deutschland im europäischen Vergleich da? Zwar fehlen aktuelle Vergleichszahlen, aber zwei Studien, die auf Daten von 1996 sowie 1999/2000 basieren, geben klare Anhaltspunkte: Die Zahlen für Deutschland liegen bei Gewinn- wie Kapitalbeteiligung jeweils deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Führend bei der Gewinnbeteiligung sind Großbritannien und Frankreich. In Frankreich sind Betriebe mit über 50 Beschäftigten seit 1993 gesetzlich verpflichtet, Gewinnanteile an Arbeitnehmer auszuschütten. Dass Deutschland weiter hinten rangiert, könnte den Forschern zufolge daran liegen, dass Mitarbeiterbeteiligung in anderen Ländern stärker steuerlich gefördert wird.

Das IAB bescheinigt deutschen Betrieben Nachholbedarf in punkto finanzieller Beteiligung. Denn solche Entlohnungssysteme würden vor allem überdurchschnittlich produktive und begabte Bewerber ansprechen. Sie könnten Leistungsanreize schaffen, die stärkere Identifikation mit dem Unternehmen würde Arbeitnehmer motivieren, sich um Verbesserungen des Arbeitsprozesses zu bemühen. Zudem senkt mehr Identifikation die Mitarbeiterfluktuation, was Einarbeitungskosten spart und die Bereitschaft der Unternehmen erhöht, in die Ausbildung der Mitarbeiter zu investieren. "Insofern können Betriebe bei dem zu erwartenden Fachkräftemangel durch eine verstärkte Nutzung von gewinnabhängiger und kapitalbasierter Entlohnung einen Wettbewerbsvorteil erlangen", folgern die Forscher.  

  • Je größer der Betrieb, um so wahrscheinlicher sind Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Beschäftigten. Zur Grafik
  • In Banken und Versicherungen werden Beschäftigte besonders oft Anteile des Gewinns ausgezahlt oder Aktien des Unternehmen ausgegeben. Zur Grafik

Lutz Bellmann, Iris Möller: Die Betriebe in Deutschland haben Nachholbedarf, IAB-Kurzbericht Nr. 13, September 2006.

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