Quelle: HBS
Böckler ImpulsInflation: Wen der Preisschock besonders trifft
Deutschland spürt die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. Auch ohne Importstopp für Energie aus Russland legen die Preise schon deutlich zu.
Der Krieg in der Ukraine lässt die Preise für Energie drastisch steigen. Auch Lebensmittel werden teurer. Das bekommen vor allem ärmere Haushalte und Familien zu spüren. Die Bundesregierung sollte die Betroffenen stärker und vor allem zielgerichtet entlasten, meinen Sebastian Dullien und Silke Tober vom IMK. Die Preise für Gas und Öl hätten durch den Krieg „nicht nur einen neuen Schub bekommen, sondern eine neue Dimension erreicht“, so die Forschenden. Menschen mit knappem Budget litten darunter besonders, da unverzichtbare Ausgaben – etwa für Heizen oder Mobilität – bei ihnen einen größeren Anteil an den Gesamtausgaben ausmachen.
Dass die Inflationsrate im Februar mit 5,1 Prozent wieder fast so hoch ausfiel wie im Dezember 2021, lag hauptsächlich am Anstieg der Energiepreise. Doch die Teuerung trifft nicht alle Haushalte gleich, wie ein Blick auf den IMK-Inflationsmonitor zeigt: Familien mit niedrigem oder mittlerem Einkommen sowie kinderlose Paare mit mittlerem Einkommen tragen aktuell die höchste Belastung. Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben sind die Preise im Februar 2022 um 5,2 Prozent gestiegen. Bei Familien mit zwei Kindern und höherem Einkommen verteuerte sich der Warenkorb um 5,0 Prozent, für Alleinerziehende mit einem Kind und mittlerem Einkommen um 5,1 Prozent. Singles mit hohem Einkommen hatten dagegen mit 4,4 Prozent den geringsten Anstieg.
Die Zentralbank kann diesmal nicht helfen
Der Trend wird sich nach Ansicht von Dullien und Tober fortsetzen. Die Europäische Zentralbank (EZB), unter normalen Umständen erste Instanz bei der Kontrolle der Preisentwicklung, sei in der aktuellen Situation machtlos, betonen die Forschenden. Gegen Preisschocks, insbesondere solche, die aus dem Ausland kommen, habe die EZB keine geeigneten Instrumente. Zinserhöhungen könnten den Energiepreisanstieg nicht stoppen, stattdessen würden sie die Konjunktur weiter schwächen, was wiederum Arbeitsplätze kosten würde. Dullien und Tober sehen daher die Bundesregierung in der Pflicht. Zwar habe die Regierung bereits eine Reihe von Gegenmaßnahmen ergriffen – etwa die geplante Abschaffung der EEG-Umlage, die Anhebung der Pendlerpauschale, den Spritrabatt, höhere Freibeträge in der Steuererklärung und Direktzahlungen an alle Erwerbstätigen sowie Heizkostenzuschüsse an Geringverdienende. „Es hängt nun aber vom weiteren Verlauf der Energiepreise ab, inwieweit diese Zahlungen ausreichend sind, um die Belastungen insbesondere von Haushalten mit niedrigen Einkommen angemessen abzufedern“, so die Fachleute des IMK.
Sorgen bereite weiter der für die kommenden Monate absehbare Anstieg der Gaspreise und damit der Heizkosten für Millionen Haushalte. Helfen könne hier eine staatliche Subventionierung für einen Grundsockel des häuslichen Gasverbrauchs. So könnte der Staat beispielsweise für die ersten 8000 Kilowattstunden Gas, die Haushalte beziehen, den Preis auf dem derzeitigen Niveau festschreiben und die Versorger für entgangene Einnahmen entschädigen. Das würde ungefähr dem halben Jahresverbrauch einer Wohnung mit 100 Quadratmetern entsprechen. Mit diesem Modell einer teilweisen Gaspreisdeckelung ließen sich drei Ziele erreichen: Sie würde viele Haushalte entlasten, die gemessene Inflationsrate senken und gleichzeitig zum Energiesparen anregen.
Sebastian Dullien, Silke Tober: IMK Inflationsmonitor – Haushaltsspezifische Teuerungsraten: Weitere Preisschocks bei Energie und Nahrungsmitteln, IMK Policy Brief Nr. 118, März 2022