Quelle: HBS
Böckler ImpulsArbeitszeit: Was Schichtarbeiter wollen
Verlässliche, feste Arbeitszeiten und mehr Möglichkeiten, zeitweise kürzerzutreten. Das wünschen sich viele Schichtarbeiter in der Industrie.
Schichtarbeitende sind mit ihren Arbeitszeiten häufig unzufrieden. Planbare Arbeitszeiten sind ihnen besonders wichtig. Außerdem wünschen sie sich mehr Freiräume und etwas kürzere Arbeitszeiten. Das ist das Ergebnis einer Auswertung von Gerd Paul und Martin Kuhlmann vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI). Die Forscher haben Daten der IG Metall-Beschäftigtenbefragung 2017 ausgewertet, die auf Angaben von rund 680 000 Personen beruhen.
Der Umfrage zufolge leistet ein knappes Drittel der Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie Schichtarbeit. Davon arbeiten 68 Prozent in Früh- und Spätschicht, 28 Prozent im Dreischichtbetrieb und 4 Prozent in Dauernachtschicht. In Ostdeutschland arbeitet mit 55 Prozent die Mehrheit der Befragten im Schichtbetrieb, im Westen sind es 30 Prozent. 86 Prozent der Schichtarbeitenden sind männlich, 14 Prozent weiblich. Die 45- bis 54-Jährigen stellen mit 31 Prozent die größte Altersgruppe.
Lieber klar geregelte Arbeitszeiten
Lange Arbeitszeiten und Wochenendarbeit sind weit verbreitet: Fast jeder Zweite gibt an, länger zu arbeiten als es die tarifvertragliche Arbeitszeit vorsieht. 26 Prozent der Schichtbeschäftigten arbeiten zudem regelmäßig am Samstag oder Sonntag.
Wenn der Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten einfordert, empfinden dies vor allem Schichtarbeitende als Belastung. Nur 29 Prozent von ihnen, aber 50 Prozent der übrigen Beschäftigten stimmen der Aussage zu: „Ich komme mit der geforderten Flexibilität gut zurecht“. Gleichzeitig sagen 40 Prozent der Schichtarbeiter: „Ich will eine geregelte Arbeitszeit mit klar festgelegtem Beginn und Ende, auch wenn ich dann selbst nicht davon abweichen kann“. Nur 17 Prozent der Kollegen ohne Schichtarbeit teilen diese Ansicht.
Die meisten wünschen sich 35 Stunden
Einerseits wird von Schichtarbeitern Flexibilität gefordert, andererseits haben sie im Vergleich zu Angestellten mit Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit wenig Spielraum, sich die Arbeitszeit selbst einzuteilen. Das gilt sowohl für kurzfristige wie für langfristige Anpassungen. Nur 43 Prozent haben die Möglichkeit, die Stundenzahl nach Abstimmung zeitweise zu reduzieren, zum Beispiel um Kinder zu betreuen, Angehörige zu pflegen oder sich weiterzubilden. Von den Beschäftigten in der Produktion und produktionsnahen Bereichen ohne Schichtdienst haben 59 Prozent die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit vorübergehend anzupassen.
Entsprechend groß ist der Unmut unter den Schichtbeschäftigten: Der Aussage „Ich bin mit meinen momentanen Arbeitszeiten zufrieden“ stimmen nur 35 Prozent zu. Von den Kollegen ohne Schichtarbeit aus vergleichbaren Tätigkeitsbereichen sind 54 Prozent zufrieden. „Schichtarbeitende sind durchweg unzufriedener als Nicht-Schichtarbeitende“, schreiben Paul und Kuhlmann. Einer der Hauptgründe dafür sei die erhebliche Einschränkung, die Schichtarbeit für die Lebensgestaltung mit sich bringt. Außerdem wünschen sich der Umfrage zufolge knapp zwei Drittel der Befragten eine kürzere Arbeitswoche – das gilt für Beschäftigte mit und ohne Schichtdienst gleichermaßen. Die meisten hätten am liebsten eine 35-Stunden-Woche. „Wer weniger arbeitet, ist auch zufriedener“, stellen die SOFI-Wissenschaftler fest.
Gerd Paul, Martin Kuhlmann: Schichtarbeit in der Beschäftigtenbefragung 2017 der IG Metall, Arbeitsbericht Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI), Juli 2017