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HBS Böckler Impuls

Gleichstellung: Vorstände ein wenig weiblicher

Ausgabe 20/2011

In Deutschlands Führungsetagen kommt ein bisschen Bewegung: Sechs Frauen sind in der abgelaufenen Hauptversammlungssaison neu in die Vorstände von 75 großen börsennotierten Unternehmen aufgerückt. Trotzdem liegt der Frauenanteil bei lediglich drei Prozent.

Allen Appellen, Initiativen und Absichtserklärungen zum Trotz sind Frauen in den Top-Positionen der deutschen Wirtschaft immer noch selten. Der Deutsche Juristinnenbund (djb) hat deshalb 2011 das zweite Jahr in Folge die Hauptversammlungen von 75 DAX-, M-DAX- und Tec-DAX-Konzernen besucht – und dort jede Menge Fragen gestellt: Was halten Aufsichtsrat und Vorstand von einer Frauenquote für Führungsposi­tionen? Bildet sich der Frauenanteil im Unternehmen auf den Führungsebenen ab? Wo werden Zahlen veröffentlicht? Die gesammelten Antworten haben die Juristinnen ausgewertet und in einem Bericht veröffentlicht, mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung.

„Veränderungen sind spürbar, wenn auch noch viel zu gering“, lautet ihr Fazit. Dort, wo der Corporate Governance Kodex konkrete Ziele und Zeitvorgaben fordert, sei reagiert worden – also im Aufsichtsrat. Denn seit Mai 2010 sieht der Kodex vor, dass die Aufsichtsgremien börsennotierter Unternehmen konkrete Pläne für mehr Frauen in ihren Reihen vorlegen sollen – und regelmäßig darüber berichten, ob die Ziele erreicht werden. Bei der Besetzung des Vorstands und weiterer Führungspositionen hingegen, wo die Unternehmen sich nicht explizit erklären müssen, fehle es oft an konkreten Zielen und Zeitvorgaben, stellt der djb fest. Die Ergebnisse im Einzelnen:

Aufsichtsrat. Unter den im DAX 30 erfassten größten börsennotierten Unternehmen erklärten nur vier, von den Vorgaben des Kodex abweichen zu wollen. Seit ihrer letzten Hauptversammlung besetzten die DAX-Unternehmen 49 Aufsichtsratspositionen neu, davon 12 mit Frauen. Damit sitzen auf Seiten der Anteilseigner jetzt zu 11 Prozent weibliche Aufsichtsräte. Bei den 45 Befragten aus M-DAX und Tec-DAX formulierte fast die Hälfte keine Ziele oder erklärte eine Abweichung von den Kodex-Vorgaben. Sie besetzten lediglich 16 Prozent der neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten mit Frauen – und kommen damit insgesamt auf einen Frauenanteil von 7 Prozent auf der Kapitalseite. Die Arbeitnehmerbank in den Aufsichtsräten ist seit Jahren um einiges weiblicher. Hier liegen die Anteile bei durchschnittlich knapp einem Fünftel.

Vorstand. Lediglich drei aller befragten Konzerne gaben an, mehr Frauen in ihr oberstes Leitungsgremium berufen zu wollen. Im DAX 30 schafften es seit der letzten Hauptversammlung vier Frauen neu in die Vorstände. Damit liegt ihr Anteil nun bei drei Prozent. In den M-DAX- und Tec-DAX-Unternehmen kamen zwei Frauen hinzu. Daraus ergibt sich ebenfalls ein Gesamtanteil von drei Prozent.

Weitere Führungsebenen. Hier nannten immerhin 19 der befragten Unternehmen konkrete Ziele, um Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen stärker zu berücksichtigen. Fast alle DAX-30-Konzerne veröffentlichten in diesem Jahr frauenspezifische Daten, etwa die Anzahl der weiblichen Beschäftigten und den Anteil von Frauen in Führungspositionen. Auf M-DAX- und Tec-DAX-Ebene taten 25 Unternehmen dies nicht. Bis zu 51 Prozent der Belegschaft in DAX-30-Konzernen sind weiblich. Dennoch sind Frauen mit maximal 13 Prozent auf der ersten Führungsebene unterhalb des Vorstands vertreten. Im M-DAX finden sich viele Unternehmen mit noch deutlich mehr weiblichen Beschäftigten – bis zu 90 Prozent. Frauen besetzen trotzdem nur maximal 42 Prozent der Positionen in der ersten Führungsebene.

Es werde immer noch „auf Zeit gespielt“, fasst der djb die Situation zusammen. Ohne konkrete Vorgaben und öffentlichen Druck werde sich die Zahl der Frauen in Spitzengremien auf absehbare Zeit nicht nennenswert erhöhen, „wahrscheinlich auch nicht ohne ordnungspolitische Maßnahmen durch die Politik“.

  • Im DAX schafften es seit der letzten Hauptversammlung vier Frauen neu in die Vorstände. Damit bestehen die obersten Leitungsgremien der deutschen Wirtschaft aus sechs Frauen und 179 Männern. Zur Grafik

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung – 2011 (pdf), Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen im europäischen Kontext, Berlin 2011

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