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HBS Böckler Impuls

Weltwirtschaft: Von Ungleichheit zu Überschuldung

Ausgabe 14/2009

Nobelpreisträger Joseph Stiglitz analysiert, wie die ökonomischen Fehlentwicklungen im Vorfeld der Finanzkrise zusammenhängen.

Wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, Dollar-hortende Chinesen, überschuldete Privathaushalte und lockere Geldpolitik in Amerika - all dies wird häufig zur Erklärung der aktuellen Wirtschaftskrise herangezogen. Eine interessante Frage dabei: Ist nur zufällig zur gleichen Zeit zu viel schief gelaufen oder folgte eins aufs andere? Der US-Ökonom und frühere Chefökonom der Weltbank Joseph Stiglitz versucht, die Puzzle-Teile zusammenzusetzen.

Stiglitz' Argumentation beginnt mit der Einkommensverteilung: In den vergangenen 30 Jahren hat die Ungleichheit in den USA - aber nicht nur dort - zugenommen. "Im Ergebnis haben wir Geld von den Armen an die Reichen umverteilt, von Leuten, die das Geld ausgeben würden, an Leute, die es nicht nötig haben, das Geld auszugeben." Daraus resultierte  eine zu schwache gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Doch die USA hatten eine Lösung. Sie hielten die Weltwirtschaft mit expansiver Geldpolitik und durch unkontrollierte, von einem deregulierten Finanzsystem ermöglichte Verschuldung am Laufen. Das funktionierte, bis die Blase platzte.

Auch die Billionen-Dollar-Reserven ostasiatischer Staaten sind Stiglitz zufolge ein Grund für die weltweite Nachfrageschwäche, die Amerika nur für begrenzte Zeit ausgleichen konnte: Viele Einnahmen asiatischer Exporteure kamen nicht wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück. "Das ist so, als vergrübe man Geld in der Erde." Aber wieso haben asiatische und andere Entwicklungsländer überhaupt in solchem Umfang Devisen gehortet? Stiglitz' Erklärung: Nach der Asienkrise 1997 waren viele Länder auf Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen. Im Gegenzug für die Finanzhilfen mussten sie ihre Finanz- und Wirtschaftssysteme deregulieren, was Länder wie Indonesien in eine tiefe Rezession trieb. Daraus haben die Regierungen gelernt und sich Polster geschaffen, um in Zukunft nicht in die Abhängigkeit vom IWF zu geraten, so Stiglitz.

Mit Blick auf die kommenden Jahre schreibt der Ökonom, es reiche nicht aus, das Finanzsystem zu reparieren, sondern es müssten Konzepte gegen das globale Nachfragedefizit entwickelt werden. Die wirtschaftspolitischen Rezepte der Vergangenheit - Löhne flexibilisieren und Sozialleistungen einschränken - würden die Lage weiter verschlimmern.  

  • Seit Beginn der 1980er-Jahre strebt die US-Einkommensentwicklung auseinander. Zur Grafik

Joseph Stiglitz: Worauf es ankommt, Ein Jahr nach dem Bankencrash, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 9/2009

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