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HBS Böckler Impuls

Einkommen: Verteilung: Das alte Muster ist zurück

Ausgabe 19/2010

Der Anteil der Gewinn- und Kapitaleinkommen am Volkseinkommen ist im ersten Halbjahr 2010 wieder deutlich gestiegen, die Lohnquote ging zurück.

Damit setzt sich der langjährige einseitige Verteilungstrend in Deutschland fort. Lediglich das Krisenjahr 2009 hatte ihn kurzzeitig unterbrochen, weil bei insgesamt sinkendem Volkseinkommen die Kapitaleinkommen zunächst noch stärker in Mitleidenschaft gezogen wurden als die Lohneinkommen. "Jetzt sehen wir das alte Muster: Die Gewinn- und Kapitaleinkommen, die überwiegend einer relativ kleinen Bevölkerungsgruppe zufließen, wachsen deutlich schneller als die Lohneinkommen", sagt Claus Schäfer, Leiter des WSI und Autor des neuen WSI-Verteilungsberichts.

Dass das Kaufkraftpotenzial der Arbeitseinkommen erneut geschrumpft ist, lässt sich unter anderem an der Lohnquote ablesen. Netto - nach Abzug von Steuern und Abgaben - sank sie von 40,9 Prozent im Jahr 2008 und 41,1 Prozent 2009 auf 39,4 Prozent im ersten Halbjahr 2010. Vor 1990 erreichte die Nettolohnquote jahrzehntelang noch ein Niveau von über 50 Prozent. Die Nettogewinnquote stieg hingegen zwischen 2009 und Anfang 2010 von 32,6 auf 34 Prozent. Damit nähert sie sich wieder dem vom letzten Aufschwung geprägten Rekordjahr 2008. Zwar dürfte sich der Anteil der Lohneinkommen im zweiten Halbjahr etwas erhöhen, wenn viele Beschäftigte Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten. Am Trend ändere das aber nichts, betont der Wissenschaftler. Den illustrieren auch weitere Zahlen des Statistischen Bundesamts. Danach legten die Gewinn- und Kapitaleinkommen gegenüber der ersten Jahreshälfte 2009 um fast 20 Prozent zu, die Lohneinkommen dagegen nur um knapp zwei Prozent.

Sparpaket und Gesundheitsreform der Bundesregierung drohten die Verteilungsprobleme weiter zu verschärfen und damit die Binnennachfrage zu beschneiden, warnt der Experte. So belaste die Ausweitung von Krankenkassen-Zusatzbeiträgen der Beschäftigten kleine Einkommen überproportional. Problematisch sei auch, dass die Bundesregierung immer noch allgemeine Mindestlöhne ablehne. Dabei könne eine solche Lohnuntergrenze nicht nur Niedriglohnbeschäftigten helfen, sondern auch die Sozialkassen entlasten, so Schäfer. Er verweist auf Daten der Bundesregierung, nach denen die öffentliche Hand seit 2005 rund 50 Milliarden Euro ausgeben musste, um vor allem die Einkommen von Niedriglohnempfängern und ihrer Familien auf Hartz-IV-Niveau aufzustocken.

  • Seit bald 40 Jahren sinkt die Lohnquote - und entsprechend nimmt der Anteil der Gewinn- und Kapitaleinommen zu. Zur Grafik

Claus Schäfer: Zukunftsgefährdung statt Krisenlehren. WSI-Verteilungsbericht 2010 (pdf), in: WSI-Mitteilungen 12/2010.

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